Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Streitwert für die Zusendung von unerwünschter E-Mail Werbung nicht an dem gesamten volkswirtschaftlichen Schaden zu messen, sondern am persönlichen Interesse des Empfängers. Handelt es sich um einen Einzelfall, selbst mit verhältnismäßig geringfügiger Belästigung, ist ein Streitwert für die Zusendung von unerwünschter E-Mail-Werbung in Höhe von 3.000,- EUR angemessen (BGH, Beschluss vom 30. November 2004 – VI ZR 65/04).
Nach einer Entscheidung des AG Stuttgart-Bad Cannstatt bemisst sich der Streitwert für die Zusendung von Werbemails an Privatpersonen auf 5.000 € (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil vom 25. April 2014 – 10 C 225/14).
Im gewerblichen Bereich entschied das LG Ulm, dass der Streitwert bei einem unverlangten Telefonanruf bei Gewerbetreibenden zur Vermarktung von „Dienstleistungen zur Steigerung der Web-Präsenz“ lediglich 500,- EUR betrage (LG Ulm, Urteil vom 17. Februar 2017 – 2 O 59/15).
Das Berliner Kammergericht entwickelte eine interessante Berechnungsmethode für den Streitwert bei mehrfacher Zusendung von Spam-Mails.
Sendet ein Unternehmer seine E-Mail-Werbung an einen Verbraucher, ist nach Auffassung des KG von einem Streitwert in Höhe von 3.000 Euro auszugehen. Bei einer weiteren unerbetenen Werbe-E-Mail ist der Regelwert regelmäßig um 1/3 zu erhöhen (KG Berlin, Beschluss vom 19. Februar 2021 – 5 W 1146/20).
Detaillierte Ausführungen zum Streitwert des Anspruchs auf Unterlassung unerwünschter Werbe-E-Mails im gewerblichen Umfeld finden sich in KG Berlin, Beschluss vom 17. Januar 2022 – 5 W 152/21:
„Der für einen Anspruch auf Unterlassung unerbetener Werbe-E-Mails anzusetzende Gegenstandswert für die Hauptsache ist im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats mit 3.000,00 EUR anzunehmen, wenn der Adressat des E-Mail-Schreibens hierdurch in seiner Privatsphäre betroffen ist und aufgrund der mit dem Empfang einer unerbetenen Werbe-E-Mail einhergehenden Belästigung in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird.
Ein Streitwert für die Hauptsache in Höhe von 3.000,00 EUR bildet regelmäßig auch das Interesse des Empfängers eines E-Mail-Schreibens an der Unterlassung weiterer Zusendungen von E-Mail-Werbung hinreichend ab, der hierdurch in seiner gewerblichen Tätigkeit oder Berufsausübung betroffen ist und einen Unterlassungsanspruch wegen eines Eingriffes in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geltend macht. An seiner anderslautenden Rechtsprechung, nach der die Zusendung einer Werbe-E-Mail im gewerblichen Bereich auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb ohne weiteres den Ansatz eines Wertes von 6.000,00 EUR rechtfertigt, hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung nicht mehr fest.
Bei Zusendungen mehrerer E-Mail-Schreiben ist der Streitwert angesichts des hiermit einhergehenden höheren Angriffsfaktors grundsätzlich für jedes weitere Schreiben um 1/3 zu erhöhen. Stehen mehrere E-Mail-Schreiben allerdings in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang, ist eine Erhöhung um insgesamt 10% ausreichend, um dem erhöhten Angriffsfaktor der erneuten Belästigung durch eine weitere Zusendung mit werblichem Inhalt Rechnung zu tragen.
Nimmt der Anspruchsteller neben dem werbenden Unternehmen auch dessen Geschäftsführer auf Unterlassung in Anspruch, ist ein weiterer Aufschlag auf den Streitwert in Höhe von – je Geschäftsführer – 1/5 vorzunehmen.
Für einen Anspruch auf Unterlassung unerbetener Werbeanrufe ist der Gegenstandswert für die Hauptsache mit Blick auf den im Vergleich zu einer E-Mail-Werbung erhöhten Lästigkeit und damit auch Angriffsfaktor in gefestigter Rechtsprechung des Senats mit 4.000,00 EUR anzusetzen, wenn der Angerufene hierdurch in seiner Privatsphäre betroffen ist und aufgrund der hiermit einhergehenden Belästigung in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird. Nichts anderes kann für einen Werbeanruf im gewerblichen oder beruflichen Umfeld gelten.“
(KG Berlin, Beschluss vom 17. Januar 2022 – 5 W 152/21)
