Aufmerksamkeit ist in der heutigen Zeit ein knappes Gut. Wer ständig unerwünschte E-Mail-Werbung in seinem Posteingang findet, kann ein (wahrscheinlich genervtes) Lied hiervon singen.
Gegen unerwünschte Werbung bestehen jedoch effektive rechtliche Möglichkeiten. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Absender in Deutschland sitzt.
Kann man unerwünschte E-Mail-Werbung / Spam abmahnen?
Wenn Sie keine Einwilligung in den Empfang von E-Mail-Werbung erteilt haben und die Versendung nicht ausnahmsweise ohne Einwilligung zulässig ist, dann haben Sie als Empfänger (egal ob Privatperson oder Unternehmer) das Recht, den Absender abzumahnen und ggf. auf Unterlassung zu verklagen. Sie können hierzu auch einen Rechtsanwalt mit der Abmahnung beauftragen; die anfallenden Kosten hierfür sind vom Absender zu erstatten.
Der Werbetreibende wird dann zunächst angeschrieben, abgemahnt und zur Abgabe einer sogenannten strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.
Dies hat folgenden Hintergrund: Nach der Rechtsprechung kann der Werbende die drohende Wiederholungsgefahr nur dann ausräumen, wenn er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Strafbewehrt bedeutet, dass der Werbende die Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe verspricht, sollte er die Rechtsverletzung wiederholen (also Ihnen noch einmal unerlaubt E-Mail-Werbung schicken).
Die Kosten für die Einschaltung des Rechtsanwalts muss regelmäßig der Werbende als Schadensersatz erstatten. Diese werden direkt beim Werbenden als Schadensersatz mit geltend gemacht.
Falls der Werbende die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgibt, besteht die Wiederholungsgefahr weiterhin fort. In diesem Fall haben Sie das Recht, den Werbenden vor Gericht auf Unterlassung zu verklagen. Je nach Intensität und Art der Werbung ist eine Klage regelmäßig am Amtsgericht des Wohnsitzes bzw. Unternehmenssitzes des Empfängers möglich (§ 32 ZPO).
Im Falle unerlaubter Werbung spricht das Gericht dann ein Unterlassungsurteil aus. Die Kosten des Rechtsstreits trägt dann ebenfalls der Werbende.
Ab welcher Anzahl von Spam-Mails besteht ein Unterlassungsanspruch?
Bereits die einmalige unverlangte Zusendung einer E-Mail mit Werbung kann einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen (BGH, Beschluss vom 20.05.2009 – I ZR 218/07).
Sie müssen also nicht erst das weitere Verhalten abwarten, sondern können direkt gegen die Zusendung von Spam-Mails ab der ersten E-Mail vorgehen.
Muss der Empfänger von Werbe-E-Mails zuerst versuchen, sich abzumelden?
Natürlich kann der Empfänger von unerwünschten Werbe-E-Mails zunächst versuchen, sich von zukünftigen Mails über einen Link abzumelden. An dem Unterlassungsanspruch ändert dies aber grundsätzlich nichts, wie das AG Neumarkt richtigerweise klargestellt hat:
„Die Tatsache, dass der Kläger nicht bereit ist, sich per Mail oder durch Betätigen eines Links mit einem ausdrücklichen Widerspruch an die Beklagte zu wenden, stellt keine unzulässige Rechtsausübung dar.“
(AG Neumarkt, Urteil vom 10. November 2022 – 3 C 270/22)
Gilt der Schutz vor Spam-E-Mails auch für Unternehmen?
Der Schutz vor unerlaubter Werbung gilt sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Privatpersonen können sich hierbei auf das sogenannte allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen, Unternehmen auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mail-Adresse versandte Werbe-E-Mail stellt einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (BGH, Urteil vom 14. März 2017 – VI ZR 721/15).
Wo liegt der Gerichtsstand für eine Unterlassungsklage wegen E-Mail Spam?
Der Empfänger von Spam-Mails ist nicht gezwungen, den Versender an dessen Sitz zu verklagen. Der Empfänger kann vielmehr auch an seinem eigenen Wohnsitz Klage erheben.
Zuständig gemäß § 32 ZPO ist das Gericht, in dessen Bezirk irgendein Tatbestandsmerkmal verwirklicht ist. Bei Versendung einer E-Mail ist dies jedenfalls auch der jeweilige Standort des Empfängercomputers (LG Berlin, Urteil vom 13.10.1998, Az. 16 O 320/98).
Ähnlich entschied z.B. auch das AG Neumarkt:
„Für vorbeugende Unterlassungsklagen sind Begehungsorte sowohl der Ort, von dem aus die Verletzungshandlung droht, als auch der Ort der Belegenheit des bedrohten Rechtsguts (BGH, VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Tz 8; BGH MDR 95, 282; Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 32, Rn. 19). Da der Kläger ausweislich der erweiterten Meldebescheinigung vom 25.07.2022 (Anlage K3) seit 10.05.2002 und damit auch zum Zeitpunkt der Zusendung der E-Mail seinen ausschließlichen Wohnsitz in Neumarkt i.d.OPf. hatte, liegt der Erfolgsort der unerlaubten Handlung im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Neumarkt. Der Kläger konnte damit gem. § 35 ZPO seine Klage zum Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. erheben.“
(AG Neumarkt, Urteil vom 10. November 2022 – 3 C 270/22)
