Das LG Stuttgart hat einer Anlegerin Schadensersatz wegen Falschberatung im Zusammenhang mit einer Empfehlung des offenen Immobilienfonds „UniImmo: Wohnen ZBI (ISIN: DE000A2DMVS1)“ zugesprochen (LG Stuttgart, Urteil vom 15.05.2025 – 12 O 287/24).
Die Klägerin ließ sich von der beklagten Bank wegen der Anlage eines Geldbetrages von 20.000,00 € beraten. Die Klägerin gab dabei einen Anlagehorizont von länger als fünf Jahren an. Als Risikobereitschaft gab die Klägerin an:
„Sicherheit und Liquidität werden höherer Renditeerwartung untergeordnet; langfristig rendite-/kursgewinnorientiert; Toleranz gegenüber mäßigen bis teilweise starken Kurs- bzw. Wertschwankungen und gegebenenfalls Kapitalverlusten“
(Stufe 3 von 5)
Als Vermögen gab die Klägerin ein Bankguthaben von etwa 38.500,00 € an.
Die Bankmitarbeiterin empfahl hiernach eine gestückelte Anlage von jeweils 5.000,00 € in folgende Anlageformen:
- Fonds UniGlobal (Aktienfonds – Risikoklasse 3)
- ZinsFix Express StepDown ST 02 23/26: Basiswert RWE (Zertifikat – Risikoklasse 3)
- Fonds Unilmmo: Wohnen ZBI (offener Immobilienfonds – Risikoklasse 1)
- Termingeld einmalig auf drei Jahre.
Die Klägerin gab hierzu jeweils an, keine Erfahrungen in diesen Anlageformen zu haben.
In einer Geeignetheitserklärung der Bank vom 16.02.2023 wurde folgendes festgehalten:
„Zur Streuung Ihrer Risiken haben wir Ihnen unterschiedliche Produkte, Anlageformen und Assetklassen empfohlen.“ und abschließend „Somit hat die Kundin verschiedene Laufzeiten und verschiedene Risikoklassen.“
Das LG Stuttgart ging von einer fehlerhaften Anlageberatung aus und verurteilte die Bank zum Schadensersatz durch Rückabwicklung der Investition in den streitgegenständlichen offenen Immobilienfonds:
„Die Beklagte hat hier die Pflicht aus dem Beratungsvertrag verletzt, weil die Empfehlung eines offenen Immobilienfonds nicht in die für die Klägerin entwickelte Anlagestrategie passte.
Die Klägerin wollte 20.000,00 € anlegen. Hierfür empfahl die Beklagte eine Anlage von jeweils 5.000,00 € in einen Aktienfonds und ein Zertifikat jeweils mit der Risikoklasse 3, den streitgegenständlichen offenen Immobilienfonds mit der Risikoklasse 1 und ein Festgeld über drei Jahre. Dabei wusste die Beklagte, dass die Klägerin keine Erfahrungen mit den beiden Fonds und dem Zertifikat hatte. Ausweislich der Geeignetheitserklärung vom 16.02.2023 (Anlage B3) hielt die Beklagte für die Klägerin fest, dass sie zur Streuung der Risiken unterschiedliche Produkte, Anlageformen und Assetklassen empfohlen habe. Damit wird für die unerfahrene Klägerin suggeriert, dass neben den beiden Anlageprodukten mit der Risikoklasse 3 der streitgegenständliche offene Immobilienfonds dem Risiko der Festgeldanlage entspricht, weil er mit der Risikoklasse 1 und damit der niedrigsten Risikoklasse bewertet worden war. Nachdem zwei Anlageprodukte eine höhere Risikoklasse hatten, durfte die unerfahrene Klägerin davon ausgehen, dass der offene Immobilienfonds mit der Risikoklasse 1 im Risiko dem Festgeld entspricht. Denn so würde ein ausgewogenes Risikoverhältnis der Anlagen mit zwei risikoreicheren und zwei risikoarmen Produkten erreicht. In dieser Annahme wird die Klägerin durch die Bekräftigung der Beklagten am Ende der Geeignetheitserklärung vom 16.02.2023 noch bestärkt, wenn dort unmittelbar nach dem vorgeschlagenen Festgeld hervorgehoben wird, dass die Klägerin verschiedene Laufzeiten und verschiedene Risikoklassen habe.
Im Hinblick auf diese Anlagestrategie, wie sie auch Sicht der unerfahrenen Klägerin zu verstehen war, war die Empfehlung eines offenen Immobilienfonds ungeeignet. Denn ein offener Immobilienfonds ist im Werterhalt nicht so sicher wie ein Festgeld, welches im Hinblick auf die Höhe des Vermögens der Klägerin der Einlagensicherung unterfällt. Unabhängig von der konkreten Situation im Zeitpunkt der Anlageentscheidung im Februar 2023 unterliegt ein offener Immobilienfonds einem Wertschwankungsrisiko, weil sich die Werte der im Fonds enthaltenen Immobilien im zeitlichen Verlauf auch negativ entwickeln können und immer die Möglichkeit besteht, dass das Fondsmanagement wirtschaftlich nachteilige Kauf- oder Verkaufsentscheidungen trifft oder treffen muss. Das ist der Beklagten und ihren Mitarbeitern als Kreditinstitut bekannt.“
(LG Stuttgart, Urteil vom 15.05.2025 – 12 O 287/24)
