Was ist ein Nachrangdarlehen?
Das Nachrangdarlehen ist im BGB nicht ausdrücklich geregelt. Unter einem Nachrangdarlehen versteht man ein Darlehen, bei welchem der Darlehensgeber im Falle einer Insolvenz des Darlehensnehmers erst nach anderen Gläubigern befriedigt werden soll. Dies wird durch eine zusätzliche Nachrangabrede im Darlehensvertrag vereinbart.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) definiert Nachrangdarlehen folgendermaßen:
„Beim Nachrangdarlehen wird die Rückzahlung des Darlehens durch eine Rangrücktrittserklärung gegenüber anderen Gläubigern des Darlehensnehmers für den Fall der Insolvenz oder Liquidation des Darlehensnehmers nachrangig gestellt.“
(BaFin-Merkblatt „Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG“, Stand August 2021)
Was ist der Unterschied zwischen einfachem und qualifiziertem Rangrücktritt?
Die BaFin unterscheidet zwischen Nachrangdarlehen mit einfacher oder qualifizierter Rangrücktrittsklausel. Hintergrund hierfür ist, dass die Annahme von Nachrangdarlehen – je nach Ausgestaltung – ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft in Form des Einlagengeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG darstellen kann. Entscheidend ist hierbei, ob es sich um „unbedingt rückzahlbare Gelder“ handelt (dann Einlagengeschäft) oder nicht (dann kein Einlagengeschäft).
Das bedeutet: Ein Nachrangdarlehen kann zwar auch mit einfachen Nachrangklauseln vereinbart werden, diese stellen dann aber weiterhin ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft in Form des Einlagengeschäfts dar.
Um das Merkmal „unbedingt rückzahlbare Gelder“ (und damit ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft) auszuschließen, verlangt die BaFin einen „qualifizierten Rangrücktritt“.
„Für eine den Tatbestand des Einlagengeschäfts ausschließende Bedingung ist vielmehr die ausdrückliche Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts notwendig. Eine solche qualifizierte Rangrücktrittsklausel ist nur dann gegeben, wenn vereinbart wird, dass die Rückzahlung der zur Verfügung gestellten Gelder in der Insolvenz oder Liquidation des Schuldners erst nach Befriedigung sämtlicher anderer Gläubiger des Schuldners erfolgen soll, die Forderungen also hinter die in § 39 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 der Insolvenzordnung (InsO) genannten Forderungen zurücktreten, und zusätzlich vereinbart wird, dass eine Befriedigung der Ansprüche außerhalb des Insolvenzverfahrens nur aus freiem, nicht zur Schuldendeckung benötigten Vermögen der Gesellschaft verlangt werden kann (sog. vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre).“
(BaFin-Merkblatt „Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG“, Stand August 2021)
Der Bundesgerichtshof (BGH) führt hierzu aus:
„Einlagen und anderen unbedingt rückzahlbaren Geldern des Publikums im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG ist gemein, dass der Kapitalgeber die eingezahlten Gelder bei Fälligkeit ohne zusätzliche Voraussetzung jederzeit wieder zurückfordern kann. Hieran fehlt es, wenn zwischen dem Kapitalgeber und dem Kapitalnehmer eine sogenannte qualifizierte Nachrangabrede des Inhalts getroffen wird, dass die Forderung des Kapitalgebers außerhalb des Insolvenzverfahrens nur aus ungebundenem Vermögen und in der Insolvenz nur im Rang nach den Forderungen sämtlicher normaler Insolvenzgläubiger befriedigt werden darf. Eine solche Abrede steht der Annahme einer Einlage oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums und damit eines Einlagengeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG entgegen“
(BGH, Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19)
Ein Nachrangdarlehen mit wirksamer qualifizierter Rangrücktrittsklausel unterfällt somit nicht mehr dem Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG. Dafür handelt es sich dann ggf. um eine Vermögensanlage im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG.
Was passiert mit Nachrangdarlehen im Insolvenzfall?
Im Insolvenzfall hat der Rangrücktritt bzw. die Nachrangabrede zur Folge, dass der Darlehensgeber mit sämtlichen Ansprüchen (Darlehensrückzahlung, Zinsen) hinter die Forderungen anderer Gläubiger der Gesellschaft zurücktritt (vgl. § 39 Abs. 2 InsO).
Muss man über Nachrangdarlehen besonders aufklären?
Nach der Rechtsprechung kann ein Anlagevermittler je nach den Umständen des Einzelfalls verpflichtet sein, über die besonderen Risiken eines Nachrangdarlehens aufzuklären. Das betrifft insbesondere die Auswirkungen einer qualifizierten Nachrangklausel, denn diese führt zu einem Risiko, das wesentlich höher ist als das eines gewöhnlichen Fremdkapitalgebers, der nur das allgemeine Insolvenzausfallrisiko trägt.
Das LG Ravensburg führt hierzu aus:
„Aufgrund des qualifizierten Nachrangs muss der Darlehensnehmer die Forderung bereits dann nicht mehr bedienen, wenn die Rückzahlung einen Insolvenzgrund herbeiführen würde. Bei ansonsten drohender Zahlungsunfähigkeit kann er die Geschäfte also weiterführen und die Rückzahlung des Nachrangkapitals verweigern, bis dieses komplett verbraucht ist. Dadurch ist das Totalverlustrisiko enorm erhöht Es kommt noch hinzu, dass der Darlehensgeber bei qualifiziertem Nachrang teilweise sogar schlechter steht als bei einer unternehmerischen Beteiligung, weil ihm nicht, wie einem Gesellschafter, Kontroll- oder Mitwirkungsrechte zugestanden werden. Der Darlehensnehmer muss dem Darlehensgeber daher nicht einmal über die genaue finanzielle Situation Rechenschaft ablegen.“
(LG Ravensburg, Urteil vom 07.02.2025, 2 O 99/24)
Bezeichnet ein Anlagevermittler ein Nachrangdarlehen als sichere und insolvenzfeste Anlage, haftet er insoweit wegen Verletzung seiner Aufklärungspflicht (vgl. LG Heidelberg, Urteil vom 11.07.2013 – 2 O 42/13).
Wird ein Nachrangdarlehen von einem Anlageberater zu Kapitalanlagezwecken empfohlen, so ist der Anlageberater ggf. verpflichtet, die Funktionsweise und die sich daraus ergebenden Risiken zu erklären. Aufzuklären ist ggf. auch über die Kriterien, nach welchen die Darlehensbeträge investiert werden sollen (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 22.3.2019 – 1 U 50/18; LG Bremen Urt. v. 21.9.2018 – 4 O 976/17).
Ist die Vermittlung von Nachrangdarlehen erlaubnispflichtig?
Die gewerbliche Vermittlung von Nachrangdarlehen unterfällt entweder der Anlagevermittlung gemäß § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG oder der Finanzanlagenvermittlung nach § 34f Abs. 1 Nr. 3 GewO. Die gewerbliche Vermittlung von Nachrangdarlehen bedarf damit faktisch immer einer Erlaubnis.