Die Firmenauskunft P.U.R. GmbH mit Sitz in Emmerich am Rhein betreibt die Internetseite fa-24.com und bietet dort Firmenverzeichniseinträge an. Neukunden werden hierbei unter anderem durch Telefonakquise gewonnen. Mitarbeiter der Firmenauskunft P.U.R. GmbH rufen dazu Unternehmen während der Geschäftszeiten an und versuchen, den Angerufenen zu einem telefonischen Vertragsabschluss zu überreden.

So ging es auch einem Elektroanlagenunternehmen, das von mir vertreten wurde. Dieses wurde im September 2019 angerufen. Das Gespräch wurde von der Ehefrau des Geschäftsführers angenommen. Nach dem Telefonat stellte die Firmenauskunft P.U.R. GmbH eine Rechnung über knapp 1.200 EUR. Da über den Ablauf und Inhalt des Gesprächs unterschiedliche Ansichten vertreten wurden, weigerte sich meine Mandantin, die Rechnung zu bezahlen.

Die Firmenauskunft P.U.R. GmbH verklagte anschließend meine Mandantin vor dem AG Heilbad Heiligenstadt. Wir verteidigten uns unter anderem damit, dass die Ehefrau des Geschäftsführers überhaupt nicht abschlussbevollmächtigt war. Sie habe einer Aufzeichnung des Telefonats nur deswegen zugestimmt, weil man ihr zu Beginn des Telefonats suggeriert habe, es bestehe bereits ein Vertragsverhältnis und es gehe nur um den Abgleich der Daten wegen der anstehenden Vertragsverlängerung.

Im Laufe der Verhandlung äußerte das AG Heilbad Heiligenstadt Zweifel an einem wirksamen Vertragsabschluss:

“Die Zeugin B. war von der Beklagten nicht ausdrücklich mit Prokura oder Handelsvollmacht ausgestattet. Ihre Erklärung wäre nur dann der Beklagten zuzurechnen, wenn hier das Rechtsinstitut der Duldungs- und Anscheinsvollmacht in Betracht käme, was aus Sicht des Gerichts problematisch erscheint. Das Gericht weist darauf hin, dass es sich um den ersten telefonischen Kontakt der Parteien überhaupt gehandelt hat.

[…]

Das Gericht weist darauf hin, dass eine Duldungsvollmacht voraussetzen würde, dass die Zeugin im vorliegenden Fall und auch in anderen Fällen aufgetreten wäre als Vertreterin der Beklagten. Da es sich aber um den ersten telefonischen Kontakt handelte, kann das Rechtsinstitut der Duldungsvollmacht nach Auffassung des Gerichts ohnehin nicht herangezogen werden. Allein dadurch, dass eine Mitarbeiterin an ein Telefon gesetzt wird und den Telefondienst quasi wahrnimmt, bedeutet nicht, dass hier ein Anschein gesetzt wird, dass man insofern bevollmächtigt wäre.”

(Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des AG Heilbad Heiligenstadt vom 09. März 2023 (Az. 1 C 330/22)

Bevor die Ehefrau des Geschäftsführers als Zeugin vernommen werden konnte, nahm die Firmenauskunft P.U.R. GmbH die Klage zurück. Das AG Heilbad Heiligenstadt legte der Firmenauskunft P.U.R. GmbH daraufhin die gesamten Verfahrenskosten auf.



Ich habe bereits mehrere Mandanten gegen die Firmenuskunft P.U.R. GmbH vertreten und bin mit solchen Fällen gut vertraut. Betroffene können sich daher gerne an mich wenden.

Nachtrag:

Einen ähnlich gelagerten Fall zu dieser Thematik hatte 2021 das AG Essen entschieden (AG Essen, Urteil vom 16. März 2021 – 130 C 290/20). Den relevanten Auszug aus den Entscheidungsgründen können Sie hier nachlesen.