Das AG Münster hat in einem von mir geführten Verfahren die SUD Service & Dienstleistungs AG mit Sitz in Zug (Schweiz) verurteilt, die Vermittlungsgebühr für eine Finanzsanierung an meine Mandantin zurückzuzahlen. Das AG Münster findet dabei klare Worte für das Geschäftsmodell des Schweizer Unternehmens: Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich um strafbaren Betrug (AG Münster, Urteil vom 25.09.2023, Az. 6 C 257/22).

Was war passiert?

Meine Mandantin beabsichtigte, einen Verbraucherkredit aufzunehmen und suchte hierfür im Internet nach Angeboten. Über die Internetseite www.noricus-finanz.de der deutschen Firma Credi.de Vertriebs GmbH wurde sie auf die Internetseite der SUD Service & Dienstleistungs AG weitergeleitet.

Auf der Seite von www.noricus-finanz.de musste meine Mandantin für eine unverbindliche Kreditanfrage unter anderem einen Wunschbetrag und eine monatliche Rate angeben. Über einen Haken erklärte sie ihr Einverständnis bei Ablehnung des Kredits auf die Seite der Firma SUD weitergeleitet zu werden, was sie aber aufgrund der Unübersichtlichkeit der Seite nicht registrierte. Insbesondere war meiner Mandantin weder klar, dass ihre Anfrage abschlägig beschieden worden war noch dass sie nunmehr auf die Seite der SUD Service & Dienstleistungs AG verwiesen wurde. Sie forderte dort vermeintlich Kreditunterlagen an.

Meine Mandantin erhielt hiernach Vertragsunterlagen von der SUD Service & Dienstleistung AG per E-Mail zugeschickt. Meine Mandantin ging davon aus, dass die ihr übermittelten Vertragsunterlagen eine Kreditvermittlung beträfen. Sie hatte keine besonderen Finanzkenntnisse und erkannte daher auch nicht, dass der Vertrag bei genauerer Lesart überhaupt keine Vermittlung eines Kredites vorsieht, sondern lediglich die Vermittlung eines weiteren Vertrages, eines Finanzsanierungsvertrages.

Die Mandantin unterzeichnete den Vermittlungsauftrag und schickte diesen an die SUD Service & Dienstleistungs AG zurück. Nach Rücksendung des unterzeichneten Vermittlervertrages erhielt sie einen Nachnahmebrief zugeschickt. Meine Mandantin zahlte den Nachnahmebetrag, musste daraufhin aber feststellen, dass in dem Brief kein Kreditvertrag, sondern ein Finanzsanierungsvertrag enthalten war.

Die Entscheidung des AG Münster

Das AG Münster verurteilte die SUD Service & Dienstleistungs AG zur Rückzahlung der Vermittlungsgebühr. Das AG Münster stellte dabei ausdrücklich fest, dass das Geschäftsmodell der SUD Service & Dienstleistungs AG darauf angelegt ist, die beteiligten Kunden über den Gegenstand des Geschäftes zu täuschen:

“Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des entrichteten Nachnahmebetrages i.H.v. 314,00 EUR gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Durch Versendung des mit einer Nachnahmegebühr belegten Schriftstückes hat die Beklagte gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes verstoßen, vorliegend gegen § 263 StGB, verstoßen.

Nach Überzeugung des Gerichts ist das Geschäftsmodell der Beklagten darauf angelegt, die beteiligten Kunden über den Gegenstand des Geschäftes zu täuschen. So wurde auch die Klägerin über den tatsächlichen Inhalt des Geschäftes von der Beklagten dahingehend getäuscht, dass nach Anfrage der Klägerin auf Vermittlung eines Kredites, seitens der Beklagten der Klägerin ein Formular zu einer Finanzsanierung übersandt wurde. Eine Täuschungshandlung besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Erstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2001 — 4 StR 457/00, juris). Als Täuschung ist damit jedes Verhalten zu verstehen, dass objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt. Allgemein anerkannt ist, dass neben der ausdrücklichen Täuschung auch durch irreführendes Verhalten konkludent getäuscht werden kann (vergleiche BGH, a.a.O.).

Eine Täuschungshandlung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich der Täter grundsätzlich wahrer Tatsachen bedient. Vielmehr kann sich ein Verhalten in diesen Fällen als tatbestandliche Täuschung im Sinne von § 263 StGB darstellen, wenn der Täter die Eignung der — wenn auch inhaltlich richtigen — Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein „äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens” gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, wenn also die Irrtumserregung nicht die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2001 — 4 StR 439/00).

Aus dem äußeren Erscheinungsbild der streitgegenständlichen konkreten Formulargestaltung lassen sich Formulierungen verwechseln und erwecken den Eindruck einer Kreditvermittlung. Insbesondere lassen sich bei schnellem Lesen die Begriffe der Finanzierung und Finanzsanierung kaum unterscheiden, so dass aus einer Finanzierung i.H.v. 8.000,00 EUR schnell eine Finanzsanierung i.H.v. 8.000,00 EUR und umgekehrt verstanden werden kann. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin mit dem Willen einen Verbraucherkredit abzuschließen, einen Vermittlervertrag unterzeichnet hat, für diesen sie einen Wunschbetrag angeben sollte, konnte für sie durchaus der Eindruck erweckt werden, sie unterschreibe einen Vertrag zur Vermittlung eines Kredites, wohingegen ihr seitens der Beklagten der entsprechenden Vermittlervertrag für eine Finanzsanierung vorgelegt wurde. Wendet sich eine Person mit der Anfrage auf Vermittlung eines Kredits an einen entsprechenden Anbieter, kann diese davon ausgehen, entsprechende auf den Abschluss eines solchen Kreditvermittlungsvertrages gerichtete Unterlagen zugesendet zu bekommen und muss indes nicht damit rechnen, dass sich die vorgelegten Vertragsunterlagen auf eine davon abweichende Finanzsanierung beziehen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Website, auf der die Klägerin den Wunschbetrag eingegeben hat, nicht von der Beklagten selbst betrieben wird. Wie der Geschäftsführer M. in der mündlichen Verhandlung selbst vorgeführt hat, wird man bei Setzen eines entsprechenden Hakens, dessen Bedeutung für einen Kunden kaum erkennbar ist, ohne weitere Erklärung auf die Seite der Beklagten weitergeleitet. Für die Klägerin war der Wechsel der Partei auf der anderen Seite ebenso wenig erkennbar wie die Tatsache, dass es plötzlich nicht mehr um die angefragte Kreditaufnahme gehen sollte.

Der Anschein einer Kreditvermittlung stellt dabei eine Täuschungshandlung der Beklagten dar, die bei der Klägerin einen Irrtum hervorgerufen hat. Dabei wurden der Klägerin die Unterlagen zur Unterzeichnung des Vermittlungsvertrages über eine Finanzsanierung insoweit ungefragt zugesendet. Die Beklagte bezieht sich dabei sogar ausdrücklich auf die Anfrage der Klägerin auf Vermittlung eines Darlehens oder eines Alternativprodukts, ohne dass die Klägerin dabei zudem die Übersendung zu einer Finanzsanierung gewünscht hätte.

Der Beklagten war demnach durchaus bewusst, dass es sich bei der Vermittlung einer Finanzsanierung nicht um das von der Klägerin gewollte handelte, wog diese jedoch jedoch in dem Anschein, ihrer gestellten Anfrage nachzukommen.

Indem die Klägerin in dem Glauben, den von ihr gewünschten Kreditvertrag zu erhalten, die Nachnahme Betrag i.H.v. 314,00 EUR zahlte, verfügte sie über ihr
Vermögen und erlitt einen Vermögensschaden. Insbesondere stellt der Vermittlungsvertrag zu der Finanzsanierung kein der Klägerin zugeflossenes Äquivalent dar. Die Finanzsanierung entsprechend dem unterzeichneten Vertrag war für die Klägerin persönlich ohne Belang. Unterzeichnet jemand aufgrund der Vorspiegelung unwahrer Tatsachen einen Vertrag über für ihn unbrauchbare Leistungen, so ist ein Vermögensschaden bereits anzunehmen in (vgl. BGH, Beschluss vom 16.07.1970, BGHSt 23,300.).

Die bei der Beklagten verantwortlichen Personen handelten insoweit vorsätzlich und in der Absicht rechtswidriger Bereicherung.

Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich."

(AG Münster, Urteil vom 25.09.2023, Az. 6 C 257/22)

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