Das Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt hat in mehreren von uns geführten Verfahren entschieden, dass die Kündigung von Prämiensparverträgen durch eine Sparkasse rechtswidrig ist, wenn der Vertrag eine Prämienstaffel über 25 Jahre ausweist und diese 25 Jahre noch nicht abgelaufen sind (z.B. AG Heilbad Heiligenstadt, Urteil vom 05.03.2021, Az. 1 C 436/20).

Die Kreissparkasse Eichsfeld z.B. hatte in der Vergangenheit etliche Prämiensparverträge (z.B. „S-Prämiensparen flexibel“) nach Erreichen der höchsten Prämienstufe gekündigt. Das Kreditinstitut begründete diesen Schritt mit dem veränderten Zinsniveau. Ein Festhalten an den Verträgen sei ihr deswegen nicht mehr zumutbar. Die Kreissparkasse war der Meinung, dass die Verträge laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 14.05.2019, Az. XI ZR 345/18) gekündigt werden durften.

Vor dem Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt erlitt die Kreissparkasse diesbezüglich eine Niederlage. Wir hatten für mehrere betroffene Sparer Feststellungsklage eingereicht und unter anderem damit argumentiert, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2019 einen anderen Sachverhalt betrifft. Denn die Kreissparkasse Eichsfeld hatte in ihren Vertragsbestätigungen eine Prämienstaffel über 25 Jahre abgedruckt (und nicht nur über 15 Jahre wie in dem vom BGH entschiedenen Fall).

Das Gericht folgte dieser Auffassung und stellte fest, dass die Kündigung der Prämiensparverträge durch die Kreissparkasse Eichsfeld rechtswidrig war. Unter anderem führte das Gericht hierzu aus:

“Der Klage ist im vollen Umfang Erfolg beschieden.

Nach Auffassung des Gerichts stellt allein die Tatsache, dass die Prämienstaffel bis zum 25. Jahr in dem Vertrag angegeben ist und darin die Regelung enthalten ist, dass die nach dem 15. Sparjahr erreichte Höchstprämie von 50 % bis zum 25. Sparjahr fort gewährt wird, einen erheblichen Anreiz für den Kunden darstellt, einen solchen Vertrag abzuschließen. Denn gerade hierdurch wird ein ganz erheblicher wirtschaftlicher Anreiz geschaffen, der für 10 Jahre die Zahlung der Höchstprämie von 50 % beinhaltet. Allein die Tatsache, dass im Vertrag für die Kläger eine vertragliche Bindungsfrist von drei Jahren vorgesehen war, bedeutet nicht, dass die Kläger hiernach davon ausgehen mussten, dass auch die Beklagte nach Ablauf dieser Sperrfrist jederzeit würde kündigen können. Bei der fraglichen Regelung handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, sodass Zweifel über deren Auslegung gemäß § 305c BGB zulasten des Verwenders, mithin der Beklagten, gehen. Insbesondere ist in der zitierten Nr. 26 AGB Sparkassen auch davon die Rede, dass die Sparkasse den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen werde und dass Voraussetzung hierfür das Vorliegen eines sachgerechten Grundes sei.

Insofern ist zu bedenken, dass die Beklagte bei Abschluss des Vertrages überhaupt nicht erkennen konnte, wie sich die Zinspolitik in weiterer Zukunft entwickelt, sodass es ganz allein auf ihr Risiko geht, wenn sie sich trotzdem weitergehend vertraglich bindet.

Mithin wurde der Vertrag durch die Kündigung der Beklagten nicht zum 27.11.2020 beendet, und die Beklagte hat sich zu unrecht geweigert, weitere Sparraten anzunehmen.”

(AG Heilbad Heiligenstadt, Urteil vom 05.03.2021, Az. 1 C 436/20)

Die Entscheidung des AG Heiligenstadt zeigt, dass trotz der BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2019 einige Argumente dafür sprechen, dass die Kündigungen der Kreissparkasse Eichsfeld gegenüber ihren Kunden zu Unrecht erfolgt sind.

Die beklagte Kreissparkasse Eichsfeld hat in sämtlichen Verfahren Berufung eingelegt.