Im digitalen Zeitalter versprechen immer mehr Online-Coaching-Anbieter die Förderung der persönlichen Entwicklung und des wirtschaftlichen Wachstums. Im Gegensatz zum traditionellen Coaching, bei dem persönliche Treffen zwischen Coach und Kunden stattfinden, erfolgt das Online-Coaching nur über das Internet.

Hohe Erwartungen können oft nicht erfüllt werden

Trotz der angepriesenen Vorteile können viele Online-Coachings die hohen Erwartungen am Ende nicht erfüllen. Manche Anbieter versprechen das Bunte vom Himmel und verlangen für Ihre Verheißungen exorbitante Honorare, aber die Kurse erweisen sich dann später als oberflächlich und nicht zielführend.

Stellt der Kunde die Qualität der angebotenen Leistung in Frage, wird ihm zum Teil entgegengehalten, es liege an der mangelnden Umsetzung durch den Kunden oder an einem fehlenden “Mindset”. Für enttäuschte Kunden stellt sich dann die Frage, ob sie ihren Vertrag z.B. kündigen und das Geld zurückerhalten können.

Rechtliche Möglichkeiten für Verbraucher

Eine gute Nachricht für Verbraucher ist, dass einige Online-Coaching-Verträge rechtlich angreifbar sind. Je nach den Umständen des Einzelfalls greift z.B. das Verbraucherwiderrufsrecht gemäß § 355 ff. BGB, teilweise auch noch Monate nach Vertragsabschluss (nämlich wenn nicht ordnungsgemäß belehrt wurde). So kann in einigen Fällen der Vertrag sogar rückabgewickelt werden, ohne dass dem Verbraucher Kosten entstehen.

Rechtliche Möglichkeiten für Unternehmer

Auch Unternehmer haben mitunter die Möglichkeit, gegen Online-Coaching-Verträge vorzugehen. Zwar sind gegenüber Unternehmern die Vorschriften über Verbraucherverträge nicht anwendbar. Jedoch können sich Unternehmer ebenso wie Verbraucher auf die Regelungen des AGB-Rechts berufen.

Weiteren Rückenwind erhalten Unternehmer durch ein jüngeres Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 01.03.2023 (Az. 3 U 85/22). Nach dieser Entscheidung können Unternehmer (ebenso wie Verbraucher) bereits gezahltes Geld zurückzuerhalten, wenn der Online-Coach nicht über eine staatliche Zulassung gemäß dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) verfügt. Aus den Entscheidungsgründen:

“Dem Kläger steht ein Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung für die Monate Oktober 2021 bis März 2022 aus dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag nicht zu. Dieser Vertrag ist nichtig.

[…]

Der sogenannte Coachingvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten ist ein Dienstvertrag gem. § 611 BGB, ähnlich dem eines Unternehmensberaters (vgl. Weidenkaff in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., Einführung vor § 611 Rn. 16), weil der Kläger die Dienste für die Beklagte selbstständig und unabhängig ausüben sollte und ein Erfolg nicht geschuldet war.

Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Zahlung der vertraglichen Vergütung ist nicht begründet. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist gem. § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig, weil der Kläger unstreitig nicht über die gem. § 12 FernUSG erforderliche Zulassung für Fernlehrgänge verfügt. Das FernUSG ist auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar.

[…]

Für die Anwendbarkeit des FernUSG ist ferner erforderlich, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG notwendige Voraussetzung der Überwachung des Lernerfolgs beinhaltete. Dies ist gegeben.

Der Gesetzgeber ging bei der Formulierung des Gesetzes von einem umfassenden und weiten Verständnis des Begriffs der Überwachung des Lernerfolgs aus. Der Lehrende oder sein Beauftragter sollte sich dabei schriftlicher Korrekturen ebenso wie begleitender Unterrichtsveranstaltungen oder anderer Mittel bedienen können. Deshalb kommt auch eine mündliche Kontrolle während eines begleitenden Direktunterrichts als hinreichende Überwachung des Lernerfolgs, z. B. durch Frage und Antwort, in Betracht. Es ist ausreichend, wenn eine individuelle Anleitung des Lernenden vorgesehen ist, die eine Lernerfolgskontrolle ermöglicht. Insgesamt ist eine Überwachung des Lernerfolgs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, z. B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinem Beauftragten zu erhalten (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009, III ZR 310/08, Rn. 19 und 21, juris).

Nach diesen Kriterien ist eine vereinbarte Überwachung des Lernerfolgs nach dem verschriftlichten Inhalt des Vertrags (vgl. Auftragsbestätigung Anlage K 1) zwar nicht mit Sicherheit festzustellen. Mit der Beklagten und dem Landgericht ist festzuhalten, dass die vom Kläger geschuldeten Leistungen vage und kaum hinterfragbar sind. Zudem ist den schriftlichen Ausführungen nicht zu entnehmen, dass die Beklagte irgendwelche Prüfungsaufgaben erhalten sollte oder sie die Gelegenheit hätte, sich über ihren Lernerfolg beim Kläger rückzuversichern. Selbst wenn sie Kontakt zu dem Kläger in der im Vertrag näher dargestellten Form (wöchentliche Live Calls und 1:1 Calls auf Abruf) bekommen konnte, lässt dies noch nicht darauf schließen, was Inhalt dieser Gespräche gewesen wäre.

Die Beklagte hat mit der Berufungserwiderung allerdings - zwar erstmals, aber unstreitig (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) - vorgetragen, dass in dem aufgezeichneten Videotelefonat vom 8. Oktober 2021, das gem. Ziffer 4 der Auftragsbestätigung Vertragsinhalt geworden ist, der Kläger darauf hingewiesen hat, es gäbe Sprechstunden, einen WhatsApp-Support, in dem sie Fragen stellen könne, und sie Zugang zu der Akademie habe, die Videos, Dokumente, Checklisten und Prüfungen beinhalte. Dies reicht aus, um nach den o.g. Maßstäben eine Überwachung des Lernerfolgs zu bejahen.

Soweit der Kläger hierzu vorträgt, es erfolge keine Kontrolle, vielmehr stelle das Lernportal nur automatisch fest, ob ein Videokursabschnitt angesehen wurde, und schalte dann das nächste Modul frei, ist dies unerheblich, weil sich die Angabe des Klägers im Videotelefonat nicht hierauf bezog. Der Einwand, es gebe nur Dokumente und Checklisten, aber keine individuellen Prüfungsaufgaben, ist unerheblich, weil individuelle Prüfungsaufgaben nicht Voraussetzung für eine Überwachung des Lernerfolgs sind. Vielmehr reicht die - hier angebotene - Möglichkeit zur Rücksprache aus.”

(OLG Celle, Urteil vom 1. März 2023 – 3 U 85/22)

Die vorgenannte Entscheidung zeigt, dass es durchaus rechtliche Ansatzpunkte gibt, sich von überteuerten Online-Coaching-Verträgen zu lösen und gezahlte Honorare zurückzuverlangen.

Betroffene können sich gerne an mich wenden.

Urteile zum Thema FernUSG

Eine Auswahl von verschiedenen Urteilen zum Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) finden Sie in diesem Beitrag.