Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein Mahnbescheid?
- Welche Angaben enthält der Mahnbescheid?
- Wie läuft das gerichtliche Mahnverfahren ab?
- Kann man einen Mahnbescheid auch ohne Rechtsanwalt beantragen?
- Welche Kosten fallen für einen Mahnbescheid an?
- Welches Mahngericht ist zuständig?
- Welche Ausnahmen gibt es von der allgemeinen Zuständigkeit der Mahngerichte?
- Welches Mahngericht ist zuständig, wenn der Antragsteller im Ausland sitzt?
- Der Schuldner ist zwischenzeitlich umgezogen – Welches Gericht ist zuständig?
- Was passiert, wenn der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt?
- Kann man einen Widerspruch gegen einen Mahnbescheid per Telefax einlegen?
- Was ist ein Vollstreckungsbescheid?
- Wann darf man einen Vollstreckungsbescheid beantragen?
- Innerhalb welcher Frist muss ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden?
- Kann man auch noch einen Vollstreckungsbescheid beantragen, wenn der Schuldner bereits Zahlungen geleistet hat?
- Wie wird der Vollstreckungsbescheid zugestellt?
- Wie wird aus einem Vollstreckungsbescheid vollstreckt?
- Kann man gegen einen Vollstreckungsbescheid Einspruch einlegen?
- Wie lange kann man gegen einen Vollstreckungsbescheid Einspruch einlegen?
- Kann ein Einspruch auch nach Ablauf der 2-Wochen-Frist noch eingelegt werden?
- Ist ein Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid sinnvoll?
- Kann der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid auf bestimmte Teile begrenzt werden?
- In welcher Form muss der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt werden?
- Was bewirkt der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid?
- Muss der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden?
- Muss der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid begründet werden?
- Muster für einen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid
- Kann durch den Einspruch eine Zwangsvollstreckung abgewendet werden?
- Kann man einen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zurücknehmen?
- Mahnbescheid bezahlt – sollte man trotzdem Widerspruch einlegen?
- Schuldner zahlt noch vor Erlass eines Vollstreckungsbescheids – Wer trägt die Kosten?
- Mahnbescheid / Vollstreckungsbescheid nicht erhalten – was tun?
Was ist ein Mahnbescheid?
Der Mahnbescheid ist ein gerichtliches Dokument, das von speziell eingerichteten Mahngerichten unter Mitwirkung eines Postdienstleisters an den Antragsgegner zugestellt wird.
Welche Angaben enthält der Mahnbescheid?
Der Mahnbescheid enthält:
- Angaben zu Antragsteller, Antragsgegner und gegebenenfalls den Prozessbevollmächtigten
- Art und Höhe der geltend gemachten Forderung
- Zinsen
- Nebenforderungen
- Gerichtskosten sowie gegebenenfalls die Kosten eines Prozessbevollmächtigten
Zusätzlich wird automatisch eine Berechnung der bis zum Erlassdatum des Mahnbescheids aufgelaufenen Zinsen vorgenommen.
Aus der Hauptforderung, den Kostenbeträgen und den errechneten Zinsen ergibt sich eine aufgelistete Gesamtsumme. Der Empfänger kann somit auf einen Blick erkennen, welchen Gesamtbetrag er zahlen muss.
Wie läuft das gerichtliche Mahnverfahren ab?
Das gerichtliche Mahnverfahren verläuft wie folgt:
1. Der Antrag auf Erlass eines gerichtlichen Mahnbescheids wird beim zuständigen Mahngericht eingereicht. Die Übermittlung erfolgt bei Einschaltung eines Anwalts über einen speziellen Online-Zugang, wodurch eine zeitnahe Zustellung des Mahnbescheids sichergestellt werden kann.
2. Der Schuldner erhält den Mahnbescheid förmlich in einem gelben Umschlag zugestellt. Im Mahnbescheid werden die Hauptforderung, die Verfahrenskosten sowie die Zinsen ausgewiesen. Der Schuldner hat dann die Gelegenheit, die offene Forderung nebst Verfahrenskosten innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Mahnbescheids zu begleichen.
3. Nach Zustellung des Mahnbescheids bestehen drei Möglichkeiten:
a) Der Schuldner zahlt: Erfolgt die vollständige Zahlung durch den Schuldner innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung, ist das Mahnverfahren in der Regel abgeschlossen.
b) Der Schuldner zahlt nicht: Bleibt die Zahlung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung aus, kann der Erlass eines gerichtlichen Vollstreckungsbescheids beantragt werden. Der Vollstreckungsbescheid ist ein Titel und entspricht einem vorläufig vollstreckbaren Versäumnisurteil. Aus diesem Titel kann für die Dauer von 30 Jahren die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betrieben werden.
c) Der Schuldner legt Widerspruch bzw. Einspruch ein: Sollte der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid oder Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegen, besteht die Möglichkeit, das Verfahren als streitiges Verfahren weiterzuführen. In diesem Fall wird es wie ein regulärer Zivilprozess fortgesetzt.
Kann man einen Mahnbescheid auch ohne Rechtsanwalt beantragen?
Eine Beantragung durch einen Rechtsanwalt ist nicht vorgeschrieben. Der Gläubiger kann den Mahnbescheid also grundsätzlich auch eigenständig beantragen. Viele Unternehmen führen das Mahnverfahren ebenfalls regelmäßig selbst durch.
Zu beachten ist jedoch, dass auch im Mahnverfahren mitunter Rechtsfragen auftreten, die bereits bei Antragstellung berücksichtigt werden sollten. Im Übrigen besteht kein Anspruch darauf, den zeitlichen Aufwand, der durch das Mahnverfahren entsteht, vom Schuldner ersetzt zu bekommen (mit Ausnahme einer geringfügigen Mahnpauschale).
Befindet sich der Schuldner im Verzug, ist er außerdem verpflichtet, sämtliche Verfahrenskosten einschließlich der Rechtsanwaltskosten zu erstatten. Vor diesem Hintergrund kann es im Falle des Zahlungsverzugs sinnvoll sein, unmittelbar einen Rechtsanwalt mit der Durchführung des Mahnverfahrens zu beauftragen. Die Gebühren werden dann automatisch im Mahnbescheid berücksichtigt und sind vom Schuldner zu tragen.
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Welche Kosten fallen für einen Mahnbescheid an?
Im gerichtlichen Mahnverfahren fallen grundsätzlich Gerichtsgebühren an. Bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts kommen zusätzlich Rechtsanwaltsgebühren hinzu.
Für das Mahnverfahren werden zunächst stets Gerichtsgebühren erhoben. Diese hängen vom Streitwert ab. Der Streitwert bemisst sich nach der Höhe der Hauptforderung, die mit dem Mahnbescheid geltend gemacht wird. Die Gerichtsgebühren, Zinsen und Mahnkosten gelten als Nebenforderungen und erhöhen den Streitwert nicht.
Die Gerichtsgebühren sind unmittelbar an die Justizkasse zu entrichten. Nach dem Versand des Mahnbescheids stellt die Justizkasse eine Rechnung über die Gerichtsgebühren aus, welche an den Antragsteller (also an Sie) weitergeleitet wird. In dieser Gebührenrechnung ist die Kontoverbindung aufgeführt, auf die der Betrag zu überweisen ist.
Das Mahnverfahren bietet gegenüber dem „normalen“ Klageverfahren einen Vorteil: Der Mahnbescheid wird unmittelbar erlassen, auch wenn die Gerichtsgebühren noch nicht bezahlt wurden. Im Klageverfahren erfolgt die Zustellung der Klage dagegen erst nach Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses. Das Mahnverfahren bringt somit einen erheblichen Zeitgewinn, sofern der Antrag korrekt gestellt wurde. Schon aus diesem Grund kann es ratsam sein, das Mahnverfahren durch einen Rechtsanwalt durchführen zu lassen – es sei denn, man verfügt selbst über vertiefte Kenntnisse im gerichtlichen Mahnverfahren.
Für die Vertretung des Antragstellers durch einen Rechtsanwalt fallen außerdem Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder auf Grundlage einer Vergütungsvereinbarung an.
Die gesetzlichen Gebühren richten sich ebenfalls nach dem Streitwert – also nach der Höhe der Hauptforderung, die im Mahnbescheid geltend gemacht wird.
Im Gegensatz zu den Gerichtsgebühren steigen die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren etwas an, wenn nicht nur ein Mahnbescheid, sondern später auch ein Vollstreckungsbescheid beantragt wird.
Einen Kostenrechner für das Mahnverfahren findet man z.B. unter folgendem Link:
https://www.mahngerichte.de/verfahrenshilfen/kostenrechner
Welches Mahngericht ist zuständig?
Welches Mahngericht zuständig ist, hängt grundsätzlich davon ab, in welchem Bundesland / Gerichtsbezirk der Gläubiger seinen Firmensitz bzw. seinen Wohnsitz hat.
| Bundesland / Gerichtsbezirk | zuständiges Mahngericht |
|---|---|
| Baden-Württemberg | Amtsgericht Stuttgart – Mahngericht – 70154 Stuttgart |
| Bayern | Amtsgericht Coburg – Mahngericht – Heiligkreuzstraße 22 96441 Coburg |
| Berlin und Brandenburg | Amtsgericht Wedding – Zentrales Mahngericht – 13343 Berlin |
| Bremen | Amtsgericht Bremen – Mahnabteilung – 28184 Bremen |
| Hamburg | Amtsgericht Hamburg-Altona – Gemeinsames Mahngericht der Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern – 22747 Hamburg |
| Hessen | Amtsgericht Hünfeld – Mahnabteilung – 36084 Hünfeld |
| Mecklenburg-Vorpommern | Amtsgericht Hamburg-Altona – Gemeinsames Mahngericht der Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern – 22747 Hamburg |
| Niedersachsen | Amtsgericht Uelzen – Zentrales Mahngericht – Postfach 1363 29503 Uelzen |
| Nordrhein-Westfalen (OLG-Bezirke Hamm & Düsseldorf) | Amtsgericht Hagen – Mahnabteilung – 58081 Hagen |
| Nordrhein-Westfalen (OLG-Bezirk Köln) | Amtsgericht Euskirchen -Mahnabteilung – 53878 Euskirchen |
| Rheinland-Pfalz | Amtsgericht Mayen – Mahnabteilung – 56723 Mayen |
| Saarland | Amtsgericht Mayen – Mahnabteilung – 56723 Mayen |
| Sachsen | Amtsgericht Aschersleben – Gemeinsames Mahngericht der Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen – Lehrter Str. 15 39418 Staßfurt |
| Sachsen-Anhalt | Amtsgericht Aschersleben – Gemeinsames Mahngericht der Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen – Lehrter Str. 15 39418 Staßfurt |
| Schleswig-Holstein | Amtsgericht Schleswig – Mahnabteilung – Postfach 1170 24821 Schleswig |
| Thüringen | Amtsgericht Aschersleben – Gemeinsames Mahngericht der Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen – Lehrter Str. 15 39418 Staßfurt |
Welche Ausnahmen gibt es von der allgemeinen Zuständigkeit der Mahngerichte?
Von der oben genannten allgemeinen Zuständigkeit der Mahngerichte gibt es Ausnahmen:
Hat z.B. der Antragsgegner keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, so ist für das Mahnverfahren dasjenige Amtsgericht zuständig, welches für das streitige Verfahren zuständig sein würde, wenn die Amtsgerichte im ersten Rechtszug sachlich unbeschränkt zuständig wären (§ 703d ZPO).
Bei der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) richtet sich die Zuständigkeit letztlich nach der Lage des Wohnungseigentums (vgl. § 43 WEG).
Für Zahlungsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis (z.B. ausstehender Lohn) sind die Arbeitsgerichte zuständig.
Welches Mahngericht ist zuständig, wenn der Antragsteller im Ausland sitzt?
Hat der Antragsteller im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist das Amtsgericht Wedding in Berlin ausschließlich als Mahngericht zuständig (§ 689 Abs. 2 S. 2 ZPO).
Der Schuldner ist zwischenzeitlich umgezogen – Welches Gericht ist zuständig?
Wenn man eine Person verklagt, muss man für die Zustellung der Klageschrift eine zustellfähige Anschrift angeben. Manchmal stellt sich dann heraus, dass die beklagte Partei umgezogen ist. Es stellt sich dann die Frage, ob das angerufene Gericht überhaupt zuständig ist, weil sich der allgemeine Gerichtsstand des Wohnsitzes (§ 13 ZPO) geändert hat.
Maßgebliche Vorschrift hierfür ist § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Die Vorschrift lautet:
(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.
(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.
(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:
1. während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2. die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.
Der Grundsatz, dass ein einmal zuständiges Prozessgericht auch bei einer Veränderung der Umstände nach Rechtshängigkeit zuständig bleibt, wird in Juristenlatein auch „perpetuatio fori“ genannt.
Die Rechtshängigkeit tritt mit Klageerhebung ein. Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist – bei den Zivilgerichten und den Arbeitsgerichten – die Zustellung der Klage an die Beklagte Partei.
Das bedeutet: Sofern eine beklagte Partei nach Zustellung der Klageschrift umzieht, hat dies auf die ursprüngliche örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts keinen Einfluss.
Etwas komplizierter wird die Anwendung dieser Regelung in Fällen des gerichtlichen Mahnverfahrens. Die obergerichtliche Rechtsprechung ist hier nicht immer eindeutig. So entschied z.B. das OLG München, dass es auf den Zeitpunkt der Zustellung der Anspruchsbegründung ankomme (OLG München, Beschluss vom 09.07.2007 – 31 AR 146/07):
„Es ist streitig, wann beim Übergang vom Mahnverfahren in das Streitverfahren Rechtshängigkeit eintritt. Dies ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Die Rückbeziehung nach § 696 Abs. 3 ZPO bleibt im hier erörterten Zusammenhang außer Betracht (Musielak/Voith ZPO 5. Aufl. § 696 Rn. 6). Überwiegend wird Rechtshängigkeit mit Eingang der Akten beim Streitgericht oder zu einem zeitlich späteren Zeitpunkt, etwa mit Zustellung der Anspruchsbegründung, angenommen (vgl. zum Streitstand Zöller/Vollkommer § 696 Rn. 5; Musielak/Voith § 696 Rn. 4). Nach Auffassung des Senats ist jedenfalls für die hier zu entscheidende Frage, bis wann die Klagepartei von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen kann, wenn die Angabe des Streitgerichts im Mahnbescheidsantrag ausnahmsweise noch keine Ausübung des Wahlrechts darstellt, auf die Zustellung der Anspruchsbegründung abzustellen (OLG München Beschluss vom 23.11.2006, 31 AR 138/06).“
(OLG München, Beschluss vom 09.07.2007 – 31 AR 146/07)
In einem anderen Fall befand das OLG Schleswig, dass es auf den Zeitpunkt des Akteneingangs beim Streitgericht ankomme (OLG Schleswig, Beschluss vom 02.02.2007 – 2 W 16/07). Der Antragsgegner war im entschiedenen Fall – nach Zustellung des Mahnbescheids – aus dem Bezirk des AG Reinbek in den Bezirk des AG Lichtenberg umgezogen. Das OLG Schleswig führte hierzu aus:
„Nach dem Wohnsitzwechsel trat neben den besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO beim Amtsgericht Reinbek der allgemeine Gerichtsstand des Wohnsitzes nach §§ 12, 13 ZPO beim Amtsgericht Lichtenberg. Dem steht § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO – Fortdauer der Zuständigkeit des Prozessgerichts – schon deshalb nicht entgegen, weil im Mahnverfahrens für die vom Empfangsgericht vorzunehmende Zuständigkeitsprüfung der Zeitpunkt des Akteneingangs gemäß § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO maßgeblich ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 696 Rn. 5 und 6 m. w. Nachw.) und zur Zeit des Akteneingangs am 26.10.2006 beim Amtsgericht Reinbek die Beklagte bereits in Berlin wohnte.“
(OLG Schleswig, Beschluss vom 02.02.2007 – 2 W 16/07)
Anders entschied zum Beispiel das OLG Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 29.10.2019 – 32 SA 64/19):
„Bei mehreren in Betracht kommenden Wohnsitzen ist auf denjenigen abzustellen, der zum Zeitpunkt der Klageerhebung begründet war. Es genügt, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in den Bezirk des angerufenen Gerichts verlegt hat. Ein nachträglicher Wohnsitzwechsel lässt die einmal begründete Zuständigkeit aber gem. §§ 261 Abs. 3 Nr. 2, 495 Abs. 1 ZPO nicht entfallen (sog. perpetuatio fori, vgl. Schultzky in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 13 ZPO, Rn. 12 m.w.N.).
Geht ein gerichtliches Mahnverfahren voraus, kommt es gem. § 696 Abs. 3 ZPO auf die Zustellung des Mahnbescheids an, wenn die Sache alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird. Ergeht ein Vollstreckungsbescheid, gegen den Einspruch erhoben wird, wird der Eintritt der Rechtshängigkeit gem. § 700 Abs. 2 ZPO rückwirkend auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids fingiert, ohne dass es darauf ankommt, wann die Abgabe des streitigen Verfahrens erfolgt ist (vgl. Reichhold, in Thomas/Putzo, a.a.O., § 281 Rn. 6).“
(OLG Hamm, Beschluss vom 29.10.2019 – 32 SA 64/19)
Was passiert, wenn der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt?
Der Empfänger eines Mahnbescheids hat nach Zustellung zwei Möglichkeiten: Er kann die Forderung entweder begleichen oder Widerspruch dagegen einlegen. Hierfür wird dem Antragsgegner im Mahnbescheid eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung gesetzt.
Der Widerspruch kann schriftlich eingelegt werden. Dem Mahnbescheid ist hierfür ein entsprechender Vordruck beigefügt. Die Verwendung dieses Vordrucks ist jedoch nicht zwingend erforderlich.
Mit Einlegung des Widerspruchs endet das Mahnverfahren. Der Antragsteller erhält darüber eine Mitteilung sowie eine Kostenrechnung für das anschließende streitige Verfahren. Möchte der Antragsteller den Anspruch weiterverfolgen, ist das streitige Verfahren einzuleiten. Dieses entspricht einem normalen Klageverfahren, d. h. der Rechtsstreit wird an das zuständige Amts- oder Landgericht abgegeben. Die Abgabe an das Streitgericht erfolgt jedoch erst, nachdem die Kosten für das streitige Verfahren eingezahlt wurden. Im Rahmen des streitigen Verfahrens wird der Anspruch – ggf. mit Beweisaufnahme – wie im regulären Klageverfahren verhandelt und durch Urteil oder Vergleich entschieden.
Erkennt der Empfänger nur einen Teil der Forderung an, die im Mahnbescheid enthalten ist, besteht für ihn die Möglichkeit, einen Teilwiderspruch einzulegen. Der Widerspruch beschränkt sich in diesem Fall auf den bestrittenen Teil. Für den unbestrittenen Teil kann der Antragsteller den Erlass eines Vollstreckungsbescheids beantragen.
Kann man einen Widerspruch gegen einen Mahnbescheid per Telefax einlegen?
Der Widerspruch gegen einen Mahnbescheid kann auch per Telefax eingelegt werden. Das empfiehlt sich zum Beispiel, um die Wahrung der Widerspruchsfrist nachweisen zu können. Außerdem hat man bei einem Widerspruch per Telefax schnell Gewissheit darüber, dass dieser tatsächlich eingegangen ist.
Die Zulässigkeit des Widerspruchs per Telefax ergibt sich aus der ZPO und der einschlägigen Rechtsprechung zur Formwahrung durch Telefax. Nach § 694 ZPO gilt Folgendes:
„(1) Der Antragsgegner kann gegen den Anspruch oder einen Teil des Anspruchs bei dem Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, schriftlich Widerspruch erheben, solange der Vollstreckungsbescheid nicht verfügt ist.
(2) Ein verspäteter Widerspruch wird als Einspruch behandelt. Dies ist dem Antragsgegner, der den Widerspruch erhoben hat, mitzuteilen.“
Ein Widerspruch gegen einen Mahnbescheid kann daher – entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung – auch ausschließlich per Fax oder Computerfax eingelegt werden (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 05. April 2000 – GmS-OGB 1/98 –, BGHZ 144, 160-165).
Ein telefonischer oder mündlicher Widerspruch ist dagegen nicht möglich.
Für den Widerspruch kann der übersandte Vordruck verwendet werden. Ein Formzwang besteht insoweit jedoch ebenfalls nicht.
Eine Besonderheit gilt zukünftig, wenn der Widerspruch durch einen Rechtsanwalt oder einen Inkassodienstleister eingelegt wird:
Seit dem 1. Januar 2020 sind diese Personengruppen im automatisierten Mahnverfahren verpflichtet, auch den Widerspruch in maschinell lesbarer Form zu übermitteln (vgl. Art. 12 des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 – BGBl I, S. 2208).
Was ist ein Vollstreckungsbescheid?
Der Vollstreckungsbescheid stellt einen Titel dar, aus dem die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners betrieben werden kann. Er wird im gerichtlichen Mahnverfahren erlassen, wenn der Schuldner nicht zahlt und auch keinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt.
Wann darf man einen Vollstreckungsbescheid beantragen?
Falls der Schuldner zwei Wochen nach Zustellung eines gerichtlichen Mahnbescheides weder gezahlt hat noch Widerspruch eingelegt hat, ist der Antragsteller berechtigt, den Erlass eines Vollstreckungsbescheids zu beantragen.
Der Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids darf erst gestellt werden, wenn die Zwei-Wochen-Frist nach Zustellung abgelaufen ist. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verschiebt es sich auf den nächsten Werktag.
Innerhalb welcher Frist muss ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden?
Der Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids muss innerhalb von 6 Monaten ab Zustellung des Mahnbescheids an den Antragsgegner beim Mahngericht eingegangen sein. Andernfalls verliert der Mahnbescheid seine Wirkung (vgl. § 701 ZPO).
Kann man auch noch einen Vollstreckungsbescheid beantragen, wenn der Schuldner bereits Zahlungen geleistet hat?
Der Antragsteller hat die Möglichkeit, im Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids etwaige Teilzahlungen des Antragsgegners anzugeben. Wurde der Anspruch vollständig beglichen, ist ein Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids unzulässig. Außerdem besteht die Möglichkeit, zwischenzeitlich bekannt gewordene Adressänderungen anzugeben, die ggf. vom Postunternehmen mitgeteilt wurden.
Wie wird der Vollstreckungsbescheid zugestellt?
Der Antragsteller kann wählen, ob er den Vollstreckungsbescheid selbst an den Antragsgegner übersenden möchte oder ob dieser direkt vom Gericht zugestellt werden soll. Regelmäßig ist die Zustellung durch das Mahngericht vorzuziehen, da sie keine zusätzlichen Kosten verursacht.
Wie wird aus einem Vollstreckungsbescheid vollstreckt?
Zuständig hierfür ist entweder der Gerichtsvollzieher oder das Vollstreckungsgericht. Für eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme wird stets die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids benötigt. Eine bloße Kopie ist nicht ausreichend. Auch deshalb sollte der Vollstreckungsbescheid sicher verwahrt werden.
Kann man gegen einen Vollstreckungsbescheid Einspruch einlegen?
Gegen einen Vollstreckungsbescheid besteht weiterhin die Möglichkeit des Einspruchs.
Der Einspruch ist für den Schuldner die letzte Gelegenheit, sich gegen die gerichtlich geltend gemachte Forderung zur Wehr zu setzen. Unterbleibt der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid, so wird dieser rechtskräftig und kann – mit wenigen Ausnahmen – nicht mehr mit Rechtsbehelfen angefochten werden. Der Gläubiger ist dann berechtigt, aus dem Vollstreckungsbescheid für die Dauer von 30 Jahren die Zwangsvollstreckung zu betreiben.
Wie lange kann man gegen einen Vollstreckungsbescheid Einspruch einlegen?
Wie lange kann man gegen einen Vollstreckungsbescheid Einspruch einlegen?
Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Vollstreckungsbescheids eingelegt werden (§ 700 Abs. 1 i.V.m. §§ 338, 339 ZPO). Es handelt sich um eine „Notfrist“, eine Verlängerung dieser Frist ist daher nicht möglich.
Das Zustellungsdatum findet man auf dem Briefumschlag, in welchem der Vollstreckungsbescheid durch die Post zugestellt wurde. Wurde der Vollstreckungsbescheid durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt, lässt sich das Datum aus den vom Gerichtsvollzieher überreichten Zustellungsunterlagen entnehmen.
Kann ein Einspruch auch nach Ablauf der 2-Wochen-Frist noch eingelegt werden?
Nur in wenigen Ausnahmefällen ist ein Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid auch nach Verstreichen der Zwei-Wochen-Frist möglich. Der Schuldner muss hierfür einen „Wiedereinsetzungsantrag“ stellen und begründen, dass er gehindert war, rechtzeitig Einspruch einzulegen. Eine Wiedereinsetzung wird aber nur bei fehlendem Verschulden gewährt.
Ist ein Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid sinnvoll?
Ob ein Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid sinnvoll ist, kann man nicht pauschal beantworten. Es kommt auf den jeweiligen Sachverhalt an. Ein Vollstreckungsbescheid kann z.B. auch zu Unrecht ergehen oder fehlerhaft sein. Das Mahngericht prüft nämlich überhaupt nicht, ob der vom Gläubiger geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht.
Kann der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid auf bestimmte Teile begrenzt werden?
Der Einspruch muss sich nicht auf den Vollstreckungsbescheid insgesamt beziehen, sondern er kann auch nur gegen einen Teil der Forderung gerichtet werden. Soll der Vollstreckungsbescheid nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung so genau wie möglich zu bezeichnen.
In welcher Form muss der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt werden?
Der Einspruch muss schriftlich bei dem Mahngericht eingelegt werden, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat.
Ein bestimmtes Formular ist – jedenfalls derzeit – nicht vorgeschrieben.
Der Einspruch kann grundsätzlich auch vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden (§ 702 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Wichtig: Wird der Einspruch schriftlich eingelegt, muss dieser handschriftlich unterzeichnet werden (vgl. BGH, Urteil vom 03. Juni 1987 – VIII ZR 154/86).
Was bewirkt der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid?
Wird Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid eingelegt, führt dies zur sofortigen Abgabe des Verfahrens an das im Mahnbescheid angegebene Prozessgericht. Durch den Einspruch erreicht der Schuldner also, dass die Angelegenheit in ein streitiges Gerichtsverfahren übergeht.
„Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses.“
Der Gläubiger muss dann seine Forderung mit einer sog. „Anspruchsbegründung“ begründen. Die Anspruchsbegründung ist letztlich nichts anderes als eine Klageschrift. Ab dann geht der Rechtsstreit also weiter wie in einem regulären Klageverfahren.
Muss der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden?
Für die Einlegung eines Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid besteht kein Anwaltszwang (§§ 78 Abs. 3 Satz 2, 702 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das gilt unabhängig von der Höhe der Forderung. Der Einspruch selbst kann also auch ohne Rechtsanwalt eingelegt werden.
Wird der Rechtsstreit aber nach dem Einspruch an ein Landgericht abgegeben, muss ein Rechtsanwalt mit der Vertretung beauftragt werden. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, so früh wie möglich einen Anwalt einzuschalten, damit sich dieser auch schon im Vorfeld mit der geltend gemachten Forderung befassen kann.
Muss der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid begründet werden?
Der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid muss nicht begründet werden (§§ 340 Abs. 3, 700 Abs. 3 ZPO). Natürlich muss im streitigen Verfahren aber auf die Anspruchsbegründung erwidert werden, wenn man den Prozess nicht verlieren möchte.
Muster für einen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid
Ein amtlich vorgeschriebenes Muster für einen Einspruch gibt es nicht. Ein Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid könnte z.B. wie folgt formuliert werden:
„[Name und Anschrift des Absenders]
An das
[Bezeichnung und Anschrift des Mahngerichts, z.B. Amtsgericht Coburg, Zentrales Mahngericht, Heiligkreuzstrasse 22, 96450 Coburg]
Geschäfts-Nr. [hier Geschäftsnummer aus dem Vollstreckungsbescheid übernehmen]
In der Mahnsache
[Name] gegen [Name]
wird gegen den Vollstreckungsbescheid vom [Datum], mir zugestellt am [Datum laut Umschlag einfügen],
Einspruch
eingelegt.
Die Begründung des Einspruchs erfolgt nach Abgabe des Rechtsstreits gegenüber dem Prozessgericht, sobald der Antragsteller den Anspruch begründet hat.
[eigenhändige Unterschrift]“
Kann durch den Einspruch eine Zwangsvollstreckung abgewendet werden?
Ein Vollstreckungsbescheid ist vorläufig vollstreckbar. Der Einspruch steht einer Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid daher nicht im Wege. Sofern bereits Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet wurden (z. B. Pfändung durch den Gerichtsvollzieher) müssten beim Prozessgericht gesonderte Anträge auf Vollstreckungsschutz gestellt werden.
Kann man einen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zurücknehmen?
Der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden (§§ 346, 700 Abs. 3 Satz 2, 697 Abs. 4 ZPO).
Mahnbescheid bezahlt – sollte man trotzdem Widerspruch einlegen?
Die häufig beobachtete Praxis, dass Schuldner nach Erhalt eines Mahnbescheids zahlen und zugleich Widerspruch einlegen, ist letztlich unsinnig und bringt für den Schuldner nur weitere Kostennachteile.
Zahlt der Schuldner nach Zustellung eines gerichtlichen Mahnbescheides, legt zugleich Widerspruch ein und wird das Verfahren dann „alsbald“ an das Prozessgericht abgegeben, liegt ein Fall der Erledigung vor. Insoweit gilt die Rückwirkungsfiktion des § 696 Abs. 3 ZPO. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt (BGH, Urteil vom 17.11.2022 – VII ZR 93/22). Aus den Entscheidungsgründen:
„Wird die Forderung eines Klägers nach Zustellung eines Mahnbescheids erfüllt und das Verfahren nach Erhebung des Widerspruchs durch den Beklagten alsbald an das Prozessgericht abgegeben, kann der Kläger in dem Streitverfahren einen Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, stellen. Das in der Erfüllung der Forderung liegende erledigende Ereignis ist in diesem Fall aufgrund der Rückwirkungsfiktion des § 696 Abs. 3 ZPO nach Rechtshängigkeit erfolgt.“
(BGH, Urteil vom 17.11.2022 – VII ZR 93/22)
Der Gläubiger muss dann einfach das streitige Verfahren zeitnah weiterbetreiben und den Rechtsstreit für erledigt erklären. Die weiteren Kosten werden dann regelmäßig dem Schuldner auferlegt (§ 91a ZPO).
Schuldner zahlt noch vor Erlass eines Vollstreckungsbescheids – Wer trägt die Kosten?
Es kommt mitunter vor, dass ein Schuldner nach Zustellung eines Mahnbescheids zahlt, der Gläubiger aber trotzdem noch einen Vollstreckungsbescheid beantragt. Es stellt sich dann die Frage, wer die Kosten des Rechtsstreits tragen muss. Hierzu existiert eine lehrreiche Entscheidung des Landgerichts Bonn (LG Bonn, Urteil vom 19.09.2017 – 13 O 65/17). Im entschiedenen Fall ging es um folgenden Sachverhalt (tabellarisch dargestellt):
| Datum | Ereignis |
| 27.01.2017 | Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides über insgesamt 6.005,65 € inklusive Verfahrenskosten und Nebenforderungen |
| 31.01.2017 | Zustellung des Mahnbescheides |
| 02.02.2017 | Zahlung von 6.005,65 € |
| 16.03.2017 | Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides (in dem Vollstreckungsbescheid war die Zahlung von 6.005,65 € vermerkt) |
| 22.03.2017 | Zustellung des Vollstreckungsbescheides |
| 25.03.2017 | Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid |
| 29.03.2017 | Abgabe durch das Mahngericht an das LG Bonn |
| 03.04.2017 | Eingang beim LG Bonn |
| 09.07.2017 | Klagerücknahme |
Das LG Bonn legte die Kosten des Rechtsstreits in diesem Fall der Klägerin zu 80% und dem Beklagten zu 20% auf.
Das LG Bonn stellte hierzu fest:
„Gleicht der Beklagte nach dem Erlass des Mahnbescheids die vollständige angemahnte Forderung aus und stellt der Kläger gleichwohl einen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids, entspricht es nach der Klagerücknahme durch den Kläger im Einspruchsverfahren der Billigkeit, eine Kostenverteilung nach den in den verschiedenen Verfahrensabschnitten entstandenen Kosten vorzunehmen und dem Beklagten die Kosten bis zum Erlass des Mahnbescheids und dem Kläger die Kosten seit dem Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids aufzuerlegen.“
(Leitsatz LG Bonn, Urteil vom 19. September 2017 – 13 O 65/17)
Aus den Entscheidungsgründen:
„Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes waren die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen der Klägerin zu 80% und dem Beklagten zu 20% aufzuerlegen.
Zwar hat der Beklagte die in dem Mahnbescheid ausgewiesene Gesamtforderung anerkannt, indem er die Forderung ohne die Erhebung von Einwendungen gegenüber der Klägerin bezahlte. Allerdings ist im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zu berücksichtigen, wenn zusätzliche Kosten durch ein prozessual nicht sinnvolles Vorgehen des Klägers entstanden sind (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 91a Rn. 25). In diesem Fall kann auch eine Kostenverteilung nach den in den verschiedenen Verfahrensabschnitten entstandenen Kosten billig sein (vgl. KG, Beschl. v. 5.3.2012 – 20 W 12/12, abrufbar unter juris).
Auch wenn die Einleitung des Mahnverfahrens gegenüber dem Beklagten vorliegend berechtigt war, verursachte die Klägerin nach dem Erlass des Mahnbescheids noch unnötig zusätzliche Kosten durch ein prozessual nicht sinnvolles Vorgehen, indem sie trotz des vollständigen Ausgleichs der Gesamtforderung aus dem Mahnbescheid einen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids stellte und die Abgabe an das Prozessgericht veranlasste. Die in dem Vollstreckungsbescheid titulierte Gesamtforderung enthielt zusätzlich zu der Gesamtforderung aus dem Mahnbescheid nur noch eine Gebühr nach Nr. 3308 VV RVG in Höhe von € 22,50, welche auch erst in dem Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids entstanden war.
Unter Berücksichtigung dieses prozessualen Verhaltens der Klägerin war es vorliegend billig, eine Kostenverteilung nach den verschiedenen Verfahrensabschnitten vorzunehmen, wonach der Beklagte die bis zu dem Erlass des Mahnbescheids entstandenen Kosten und die Klägerin die nach dem Erlass des Mahnbescheids entstandenen Kosten, das heißt die Kosten für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids und die Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens bis zur Klagerücknahme zu tragen hat. Diese Verteilung ergibt, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu 80% und der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu 20% zu tragen hat.“
(LG Bonn, Urteil vom 19. September 2017 – 13 O 65/17)
Mahnbescheid / Vollstreckungsbescheid nicht erhalten – was tun?
Es kann durchaus vorkommen, dass Mahnbescheide oder Vollstreckungsbescheide fehlerhaft zugestellt werden. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass der Gläubiger eine falsche Adresse des Schuldners angibt, z.B. die der Eltern (Inwieweit eine Zustellung hinterher nachgewiesen oder bestritten werden kann, steht natürlich auf einem anderen Blatt).
Das Problem dabei ist, dass der Gläubiger aus einem Vollstreckungsbescheid zunächst einmal die Zwangsvollstreckung betreiben kann, selbst wenn dieser dem Schuldner überhaupt nicht zugestellt wurde. Denn sofern der Gläubiger seine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides vorlegen kann, wird hieraus die Zwangsvollstreckung betrieben. Der Schuldner muss sich also aktiv wehren, möchte er die Zwangsvollstreckung verhindern.
In solchen Fällen sollte man am besten direkt einen Anwalt beauftragen, welcher für den Schuldner unverzüglich Einspruch beim Mahngericht einlegt, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat (jedenfalls dann, wenn die Forderung nicht bekannt ist oder bestritten wird). Das Mahngericht und das Geschäftszeichen sollte spätestens durch die Zwangsvollstreckung in Erfahrung zu bringen sein.
Ein solches Vorgehen ist keinesfalls aussichtslos. Gemäß den gesetzlichen Vorschriften beginnt die zweiwöchige Einspruchsfrist gegen einen Vollstreckungsbescheid erst mit korrekter Zustellung des Vollstreckungsbescheides zu laufen. Das ergibt sich aus den §§ 166 ff. i.V.m. §§ 700, 338, 339 Abs. 1 ZPO:
§ 700 Abs. 1 ZPO: „Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.“
§ 338 ZPO: „Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.“
§ 339 Abs. 1 ZPO: „Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.“
§ 166 Abs. 2 ZPO: „Dokumente, deren Zustellung vorgeschrieben oder vom Gericht angeordnet ist, sind von Amts wegen zuzustellen, soweit nicht anderes bestimmt ist.“
Mit dem Einspruch sollte daher zeitgleich Einsichtnahme in den Vollstreckungsbescheid und die Zustellungsunterlagen eingelegt werden, um ein genaueres Bild von den Umständen der Zustellung zu erhalten.
Betroffene sollten in einem solchen Fall unverzüglich handeln. Hintergrund ist die Vorschrift des § 189 ZPO:
„Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.“
Wenn der Schuldner also den Vollstreckungsbescheid tatsächlich erhalten hat (z.B. vom Gerichtsvollzieher), wird der ursprüngliche Zustellungsmangel in jedem Fall geheilt.
