Wer ein Bankschließfach anmietet, verlässt sich darauf, dass keine unbefugten Personen darauf zugreifen können. Kommt es durch einen Fehler der Bank zu einem Zugriff durch unberechtigte Personen, muss der Kunde aber trotzdem den Schaden beweisen können, also was vorher und nachher im Schließfach war. Das wurde einer Kundin vor dem LG Dortmund zum Verhängnis.

Was war passiert?

Am 17. November 2021 schloss die klagende Kundin mit der beklagten Bank einen Mietvertrag für ein Schließfach zu einem jährlichen Preis von 132 EUR ab. Gemäß den Bedingungen für die Schließfachvermietung hatte die Bank keinen Kenntnis von dem Inhalt des Schließfachs. Im selben Vertrag vereinbarten die Parteien, dass die Bank nur Beträge bis zu 200.000 EUR für Schäden durch Zerstörung, Beschädigung und Einbruchsdiebstahl/Raub in ihren Geschäftsräumen versichern würde. Die Bank übergab der Kundin zwei Schlüssel.

Die Kundin erteilte am 18. November 2021 auf einem Formular ihrem Ehemann sowie zwei weiteren Personen eine Vollmacht für das Schließfach. Am 1. März 2022 widerrief die Kundin die Vollmacht bei der Bank. Der Widerruf wurde handschriftlich auf das Formular geschrieben, von der Kundin unterschrieben und von einem Bankmitarbeiter mit dem Vermerk “Vollmacht gelöscht” versehen. Am selben Tag hob die Klägerin 125.000 EUR in bar von ihrem Bankkonto ab.

Am 21. März 2022 um 9:23 Uhr wurde der Ehemann der Kundin als Besucher des Schließfachs in die Besucherkartei aufgenommen. Die Kundin behauptete, dass sie den am 1. März 2022 abgehobenen Betrag in Höhe von 125.000 EUR - der aus dem Verkauf ihrer Eigentumswohnung stamme - sofort in ihrem Schließfach deponiert habe. Zu diesem Zeitpunkt lebte sie getrennt von ihrem Ehemann in der gemeinsamen Wohnung, der später auszog. Er hatte von dem Widerruf keine Kenntnis. Daher machte sie ihm keinen Vorwurf und erstattete keine Anzeige gegen ihn. Die Bank trage die Verantwortung und sie verlange die Rückerstattung des Betrags von der Bank. Was mit dem Geld geschehen sei, wisse sie nicht.

Entscheidung des LG Dortmund

Das Landgericht Dortmund wies die Klage ab.

Der von der Kundin geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz ergebe sich weder aus § 280 Absatz 1 BGB in Verbindung mit dem Schließfach-Mietvertrag noch aus einer anderen rechtlichen Grundlage.

Die Bank sei zwar verpflichtet gewesen, sicherzustellen, dass Unbefugte keinen Zugang erhalten. Diese Pflicht habe die Beklagte verletzt, indem sie dem Ehemann der Kundin am 21. März 2022 Zugang zum Schließfach gewährte, obwohl die Kundin dessen Vollmacht bereits am 1. März 2022 widerrufen hatte. Aufgrund des Widerrufs war der Ehemann nicht mehr berechtigt, auf das Schließfach zuzugreifen.

Das Gericht ging jedoch davon aus, dass der Kundin kein Schaden entstanden ist. Sie konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass sie den Bargeldbetrag in das Schließfach gelegt hatte und dass ihr Ehemann den Betrag entnommen hatte. Eine Anhörung der Kundin lehnte das Gericht ab. Hierfür gebe es keine Notwendigkeit, da die Kundin nicht in Beweisschwierigkeiten steckte. Eine förmliche Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) oder eine informatorische Anhörung (§ 141 ZPO) seien subsidiär gegenüber anderen Beweismitteln und setzten normalerweise voraus, dass eine Partei nicht genügend Beweismittel hat oder diese nicht ausreichen. Im vorliegenden Fall hätte die Kundin jedoch durch die Benennung ihres Ehemannes einen Zeugenbeweis erbringen können, weshalb nach Ansicht des Gerichts keine Beweisschwierigkeit vorlag. Bei ihrem Ehemann handle es sich auch nicht um einen “gegnerischen” Zeugen (d.h. eine Person, die eindeutig auf der Seite der Gegenpartei steht), weshalb keine Beweisschwierigkeit vorliege, die eine Befragung rechtfertigen würde.

(LG Dortmund, Urteil vom 16. Juni 2023 – 3 O 514/22)