Während das Schweizer Recht einem Kunden kein Widerrufsrecht nach einem Online-Kauf einräumt, ist dies in Deutschland zu Gunsten von Verbrauchern zwingend vorgeschrieben. Daher stellt sich für Schweizer Verbraucher die Frage, ob ihnen ein Fernabsatzwiderrufsrecht zusteht, wenn sie bei einem Online-Händler mit Sitz in Deutschland bestellen. Da ich mich hiermit auch schon befassen musste, möchte ich Ihnen in diesem Beitrag eine erste Orientierung geben:

Anwendung des internationalen Privatrechts

Bei Bestellungen eines Schweizer Kunden bei einem deutschen Online-Händler handelt es sich um einen privatrechtlichen Sachverhalt mit internationalem Bezug. Dann kommt das internationale Privatrecht (IPR) zur Anwendung. Das IPR regelt unter anderem, welches nationale Recht anwendbar ist. In der Schweiz sind die entsprechenden Vorschriften zum IPR im Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (IPRG; SR 291) geregelt.

Für Online-Bestellungen von Schweizer Verbrauchern bei deutschen Verkäufern ist Art. 120 IPRG einschlägig:

“Verträge über Leistungen des üblichen Verbrauchs, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Konsumenten bestimmt sind und nicht im Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Konsumenten stehen, unterstehen dem Recht des Staates, in dem der Konsument seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat:

a. wenn der Anbieter die Bestellung in diesem Staat entgegengenommen hat;

b. wenn in diesem Staat dem Vertragsabschluss ein Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Konsument in diesem Staat die zum Vertragsabschluss erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, oder

c. wenn der Anbieter den Konsumenten veranlasst hat, sich ins Ausland zu begeben und seine Bestellung dort abzugeben.

Eine Rechtswahl ist ausgeschlossen.”

Das bedeutet im Ergebnis, das Schweizer Verbraucher, die bei einem deutschen Online-Händler bestellen, sich nicht auf ein gesetzliches Widerrufsrecht berufen können.

Natürlich ist es aber möglich (und teilweise auch üblich), dass der Online-Händler aus Wettbewerbsgründen ein freiwilliges, vertragliches Widerrufsrecht bzw. Rückgaberecht einräumt. Die Einzelheiten ergeben sich dabei regelmäßig aus den AGB des Online-Händlers.

Deutscher Online-Händler liefert nicht - Welche Möglichkeiten haben Schweizer Verbraucher?

Wenn ein deutscher Online-Händler die bestellte Ware nicht liefert, sind Schweizer Verbraucher - trotz fehlendem gesetzlichen Widerrufsrecht - natürlich nicht komplett schutzlos gestellt. Denn auch nach dem Schweizerischen Obligationenrecht haben Verbraucher die Möglichkeit, den Verkäufer zunächst durch eine Mahnung in Verzug zu setzen (Art. 102 Satz 1 OR) und anschließend eine angemessene Frist zur Lieferung zu setzen (Art. 107 Satz 1 OR). Hält der Verkäufer diese Frist nicht ein, kann der Verbraucher vom Kaufvertrag zurücktreten (Art. 107 Satz 2 OR). Der Verbraucher kann hiernach den gezahlten Kaufpreis zurückfordern (Art. 109 Satz 1 OR).

Das ist dann aber kein Widerruf im engeren Sinne, sondern ein Rücktritt wegen Leistungsverzögerung. Dieses Recht kann ein deutscher Online-Händler nicht verweigern.

Benötigen Sie Hilfe?

Falls Sie rechtliche Unterstützung gegen einen Online-Shop benötigen, können Sie sich gerne an mich wenden.