Die Verjährungshemmung

Ansprüche unterliegen der Verjährung (§ 194 Abs. 1 BGB). Das bedeutet, nach Ablauf der Verjährungsfrist kann ein Schuldner die Einrede der Verjährung erheben, der Anspruch ist dann nicht mehr durchsetzbar.

Die Verjährungsfrist kann jedoch gehemmt werden. Gemäß § 209 BGB wird der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Tipp: Man kann sich die Verjährungshemmung vorstellen wie eine Pause-Taste, die während der laufenden Verjährungsfrist an einem bestimmten Ereignis (Hemmungsgrund) betätigt wird. Nach Ende der Hemmung wird die Pause- bzw. Play-Taste dann wieder betätigt und die Verjährungsfrist läuft weiter.

Der Tag des Beginns der Hemmung und der Tag ihrer Beendigung gehören zum Hemmungszeitraum (BGH, Urteil vom 11. 2. 2009 – XII ZR 114/06).

Wenn die Verjährungshemmung endet, wird die Verjährung vom Beginn des nachfolgenden Tages an fortgesetzt. Die Verjährungsfrist läuft nach Beendigung der Hemmung auch dann sofort weiter, wenn es sich um Ansprüche handelt, deren Verjährung nach § 199 oder entsprechenden Bestimmungen erst mit dem Schluss des betreffenden Jahres beginnt (MüKoBGB/Grothe, 10. Aufl. 2025, BGB § 209 Rn. 4, beck-online).

Beispiel: Eine Verjährungsfrist läuft eigentlich am 31. Dezember ab. Durch ein am 18. Dezember eintretendes Ereignis wird die Verjährung jedoch gehemmt. Die Hemmung entfällt wieder am 18. Januar. Der Hemmungszeitraum beträgt damit 32 Tage. Diese werden 32 Tage werden in die laufende Verjährungsfrist nicht mit eingerechnet. Die Verjährung tritt daher erst mit Ablauf des 1. Februar ein.

Eine Verjährungshemmung kann es nur für noch nicht verjährte Ansprüche geben (BeckOGK/Meller-Hannich, 1.5.2025, BGB § 203 Rn. 39, beck-online).

Für Zeiträume vor Beginn der Verjährungsfrist (z.B. vor Fristbeginn nach §§ 195, 199 BGB) kann keine Verjährungshemmung eintreten. Liegen die Voraussetzungen eines Hemmungstatbestands ausschließlich oder auch während eines Zeitraums vor Beginn der Verjährung vor, ist dieser bei Berechnung der Verjährungsfrist nicht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 25.4.2017 – VI ZR 386/16).

Verjährungshemmung durch Verhandlungen

Ein häufiger Anwendungsfall der Verjährungshemmung sind Verhandlungen über den Anspruch. Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.

Der Begriff der „Verhandlung“ wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussicht besteht (BGH, Beschluss vom 17.6.2020 – VII ZR 111/19).

Spiegelbildlich hierzu ist für die Annahme, Verhandlungen seien beendet, ein strenger Maßstab anzulegen. Ein solcher Abbruch von Verhandlungen muss wegen seiner Bedeutung für die Durchsetzbarkeit der geltend gemachten Ansprüche durch klares und eindeutiges Verhalten zum Ausdruck gebracht werden. Für die Beendigung von Verhandlungen genügt daher nicht schon, dass der Ersatzpflichtige (derzeit) seine Einstandspflicht verneint, wenn er nicht zugleich klar und eindeutig den Abbruch der Verhandlungen zum Ausdruck bringt (BGH, Urteil vom 8.11.2016 – VI ZR 594/15 m.w.N.).

Es ist nicht zwingend erforderlich, dass eine Partei das Ende der Verhandlungen erklärt. Ebenso ist es möglich, dass die Parteien Verhandlungen „einschlafen“ lassen. Ein Abbruch der Verhandlungen durch ein solches „Einschlafenlassen” ist dann anzunehmen, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungsverhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (BGH, Urteil vom 6. 11. 2008 – IX ZR 158/07).

Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung

Ein weiterer häufiger Anwendungsfall ist die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung (§ 204 BGB). So wird z.B. die Verjährung gehemmt durch Erhebung einer Klage, durch Zustellung eines Mahnbescheids oder durch Zustellung einer Streitverkündung. 

Achtung: Einfache Forderungsschreiben unterfallen nicht der Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung nach § 204 BGB!

Bei der Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung ist § 204 Abs. 2 BGB zu beachten:

„Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.“

(§ 204 Abs. 2 BGB)

Zweifel wegen Verjährung?

Wenn Sie Zweifel haben, ob ein bestimmter Anspruch verjährt ist oder nicht, kann ich dies für Sie gerne im Rahmen einer Beratung prüfen.