Das Oberlandesgericht Nürnberg hat sich in einem Hinweisbeschluss zur Zulässigkeit von Speicherfristen von Auskunfteien geäußert (OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 11.06.2025 – 3 U 383/25).
In dem streitgegenständlichen Verfahren verlangt die Klägerin von der Beklagten, einer Wirtschaftsauskunftei, die Löschung von zwei erledigten Zahlungseinträgen aus den Jahren 2019 und 2021 sowie die Berichtigung ihres Scorewertes und die Unterlassung der erneuten Speicherung dieser Einträge.
Das Landgericht Regensburg hatte die Klage erstinstanzlich abgewiesen. Die Klägerin ging hiergegen in Berufung und rügt im Wesentlichen eine fehlerhafte Beweislastverteilung und eine unzutreffende Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Die Klägerin verweist dabei unter anderem auf die „Score-Entscheidung“ des EuGH vom 7. Dezember 2023 (EuGH, Urteil vom 7.12.2023, Rechtssache C‑634/21). Außerdem beruft sie sich auf einen Wertungswiderspruch zu den kürzeren Speicherfristen des Schuldnerverzeichnisses nach der ZPO.
Das OLG Nürnberg attestierte der Berufung in seinem Hinweisbeschluss keine Erfolgsaussichten. Die Darlegungs- und Beweislast für überwiegende Interessen liege bei der Klägerin, nicht bei der Beklagten. Die Rechtmäßigkeit der Speicherung ergebe sich aus Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO: Die Beklagte verfolge nämlich ein berechtigtes Interesse an der Speicherung, ebenso wie ihre Vertragspartner (etwa Banken und Kreditgeber), um über die Kreditwürdigkeit der Klägerin informiert zu sein. Die Verarbeitung der Daten sei hierfür erforderlich, die Interessen der Klägerin seien dagegen nicht höher zu bewerten.
Die dreijährige Speicherdauer sei zudem angemessen und bewege sich auch im Rahmen des von den Datenschutzaufsichtsbehörden genehmigten Verhaltenskodexes der Wirtschaftsauskunfteien. Die Regelung über die Speicherfristen des Schuldnerverzeichnisses (§ 882e ZPO) sei insoweit nicht übertragbar, da dort andere Voraussetzungen und ein anderer Zweck zugrunde lägen. Auch die „Score-Entscheidung“ des EuGH betreffe eine andere Konstellation (öffentliche Registerdaten, Insolvenz) und sei daher nicht einschlägig.
„Die vorgesehene Speicherdauer von abstrakt drei Jahren ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden, sondern ist in Abwägung der Interessen der betroffenen Person gegenüber den Interessen der Beklagten angemessen und auf das für die Zwecke ihrer Verarbeitung notwendige Maß beschränkt.
Die DSGVO sieht – anders als § 35 BDSG a.F. – keine Fristen für die Speicherdauer vor. Die im Code of Conduct vorgesehene Regelfrist erscheint sachlich angemessen; dies insbesondere im Hinblick auf die Interessen der kreditgebenden Mitglieder der Beklagten im Verhältnis zum Löschungsinteresse der Klägerin. Das zugrundeliegende Risiko von Forderungsausfällen bei Kreditvergaben kann jedenfalls dann zu der vorgesehenen Speicherdauer berechtigen, wenn wie hier Forderungen in relativ geringer Höhe von 201,30 Euro sowie von circa 100 Euro über einen nicht unerheblichen Zeitraum von einigen Jahren nicht beglichen wurden.
Die Frist erscheint auch dem Senat in Ansehung der in § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG a.F. zum Ausdruck gebrachten Wertungen als angemessen. Danach war im Falle eines erledigten Sachverhalts zum Ende des dritten Kalenderjahres lediglich eine Prüfung der Erforderlichkeit geschäftsmäßig verarbeiteter personenbezogener Daten vorgesehen. Hinzu kommt, dass nach der seit 24.05.2024 geltenden Neufassung des Codes of Conduct eine starre Frist von drei Jahren nicht mehr besteht, sondern in bestimmten Fällen eine Löschung bereits nach 18 Monaten stattfindet. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.
Diese Verhaltensregeln wurden vom Hessischen Landesdatenschutzbeauftragten geprüft und genehmigt. Aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin die streitgegenständlichen zwei Forderungen nicht fristgerecht erfüllt hat, lässt ihre berechtigten Interessen im Einzelfall zurücktreten. Eine Speicherdauer von drei Jahren ist im konkreten Fall nach Abwägung der widerstreitenden Interessen angemessen.“
(OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 11.06.2025 – 3 U 383/25)
Die von der Klägerin behaupteten Nachteile, wie z.B. eine erschwerte Kreditaufnahme oder das Gefühl, „in schlechtem Licht zu stehen“, seien zudem nur pauschal vorgetragen und nicht konkret belegt.
Der Klägerin stehen nach Auffassung des OLG Nürnberg daher weder ein Anspruch auf Löschung (Art. 17 DSGVO), auf Berichtigung (Art. 16 DSGVO) noch auf Unterlassung (§§ 823, 1004 BGB analog) zu. Die Speicherung der Daten sei daher rechtmäßig.
