Nicht nur der Versicherungsnehmer ist zur Auskunft gegenüber seinem Versicherer verpflichtet (§ 31 VVG). Im Falle einer Pflicht-Haftpflichtversicherung (z.B. der Kfz-Haftpflichtversicherung) trifft auch den geschädigten Dritten auf Nachfrage des Versicherers eine vergleichbare Pflicht, Auskünfte zu erteilen. Dies ergibt sich aus § 119 Abs. 3 VVG:
„Der Versicherer kann von dem Dritten Auskunft verlangen, soweit sie zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich ist. Belege kann der Versicherer insoweit verlangen, als deren Beschaffung dem Dritten billigerweise zugemutet werden kann.“
Weigert sich der Geschädigte, einem berechtigten Auskunftsverlangen des Haftpflichtversicherers nachzukommen oder Belege vorzulegen, besteht für ihn kein Grund, Klage gegen den Versicherer zu erheben. Der Geschädigte muss dann damit rechnen, dass der Versicherer während des Prozesses nach Vorlage der Belege ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO abgibt. Dies hat dann zur Folge, dass der Geschädigte die Kosten des Rechtsstreits tragen muss.
Sofern die Haftpflichtversicherung eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht fordert, ist dies grundsätzlich berechtigt, vgl. OLG München, Urteil vom 12. Januar 2006 – 1 U 3633/05:
„Gerechtfertigt kann die Forderung nach Offenlegung gesundheitlicher Verhältnisse einer Partei jedoch sein, sofern der Streitgegenstand damit in Beziehung steht.“
Die Auskunftspflicht geht aber z.B. nach Auffassung des OLG Düsseldorf nicht so weit, dass der Geschädigte z.B. sämtliche behandelnde Ärzte im Hinblick auf mögliche Vorschäden von ihrer Schweigepflicht entbinden oder sich von einem vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen lassen muss (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. 3. 2013 – I-1 U 115/12):
„Diese Rechtsansicht lässt sich auch auf die Fragestellung übertragen, ob ein Unfallopfer verpflichtet ist, seine Krankenversicherung von der Schweigepflicht um des Informationsbedürfnisses der Haftpflichtversicherung willen zu befreien. Unabhängig davon ist der Klägerin auch aus Billigkeitsgründen die Mitwirkung an der Vorlegung eines Vorerkrankungsverzeichnisses nicht zuzumuten. Wie bereits ausgeführt, ist keine Partei prozessual gehalten, dem Gegner für dessen Prozesssieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfügt; die Bestimmung des § 158d VVG bzw. des § 119 VVG ist in der Kommentierung zu § 422 ZPO nicht aufgeführt (…). Eine Vorlegungspflicht gegenüber der Versicherung fehlt, wenn es – wie im vorliegenden Fall – um eine bloße Ausforschung geht (…)“
(OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. 3. 2013 – I-1 U 115/12)
Für die Vorlage von entsprechenden Belegen gilt § 811 Abs. 1 BGB:
„Die Vorlegung hat in den Fällen der §§ 809, 810 an dem Orte zu erfolgen, an welchem sich die vorzulegende Sache befindet. Jeder Teil kann die Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.“
Der Versicherer kann also z.B. nur bei gewichtigen Gründen verlangen, dass die Belege in seinen Büroräumen vorgelegt werden. So hat z.B. das OLG Bremen entschieden, dass ein Geschädigter in der Regel seiner Auskunftsverpflichtung nachkommt, wenn er dem Versicherer Fotokopien der Schadensbelege übersendet. Macht der Versicherer die Schadensregulierung trotzdem von der Übersendung von Originalbelegen abhängig, obwohl keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der überlassenen Fotokopien geltend gemacht werden, so gibt der Versicherer genügend Veranlassung zu einer Klage des Geschädigten (Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 17. Mai 1990 – 3 W 29/90).
Die Übersendung von Belegen darf der Geschädigte davon abhängig machen, dass der ersatzpflichtige Haftpflichtversicherer eine Kostenübernahmeerklärung für die Kopier- und Portokosten abgibt (siehe OLG Köln, Beschluss vom 20.10.2010 – 3 W 55/10).
