Nachfolgend finden Sie eine Sammlung interessanter Urteile zum Thema Autokauf.
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Aufklärungspflichten bei Gebrauchtwagenkauf mit „fliegendem Zwischenhändler“
Zwar kann der Käufer eines Gebrauchtwagens nicht grundsätzlich die Mitteilung erwarten, wie, wann und von wem das zum Verkauf stehende Fahrzeug beschafft wurde. Von diesem Grundsatz wird aber eine Ausnahme gemacht, wenn die Umstände des Erwerbs den Verdacht nahelegen, dass es während der Besitzzeit des Voreigentümers zur unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen ist. Solche Umstände sind zum Beispiel gegeben, wenn der Verkäufer das Fahrzeug selbst kurz zuvor von einem „fliegenden Zwischenhändler” erworben hat. In einem solchen Fall ist der Verkäufer zur Aufklärung verpflichtet, weil der Verdacht naheliegt, dass es während der Besitzzeit des unbekannten Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen ist.
(OLG Brandenburg, Urteil vom 20.04.2023 – 10 U 50/22)
Beweislast für das Nichtvorliegen eines Fernabsatzgeschäfts im Autohandel
Die Beweislast für das Nichtvorliegen eines Fernabsatzsystems trägt nach dem Wortlaut und der Systematik des § 312c I BGB der Unternehmer, da die Norm in Hs. 2 eine entsprechende widerlegliche Vermutung aufstellt.
Dabei ist es von vornherein unerheblich, dass ein Händler die verkauften Fahrzeuge nicht versendet. § 312c BGB stellt allein auf die Art und Weise ab, in der der Vertrag geschlossen wird, also die maßgeblichen Willenserklärungen abgegeben werden, weil später die Wahl-/Entscheidungsfreiheit, die Ware abzunehmen und zu bezahlen, nicht mehr gegeben ist. Eine geschäftsmäßige Versendung mag zwar, wenn sie vorliegt, ein starkes Indiz für ein Fernabsatzsystem sein, doch ist sie weder Voraussetzung für ein solches noch indiziert ihr Fehlen das Nichtvorhandensein eines Fernabsatzsystems.
Ebenso ist nicht erforderlich, dass der Vertragsschluss vollständig online und/oder automatisiert erfolgt wie etwa durch einen „Buy“-Button und ein entsprechendes automatisiertes Abwicklungssystem. Vielmehr genügt es, dass die beiden Willenserklärungen über Medien iSv § 312c II BGB ausgetauscht werden, mag die Entscheidung über den Vertragsschluss auch individuell von menschlichen Bearbeitern getroffen und von diesen das Weitere veranlasst werden.
(OLG Nürnberg Urteil vom 23.8.2022 – 3 U 81/22)
Keine Beweislastumkehr bei elektronischem Defekt an Navigationsgerät
Bei einem nach Übergabe auftretenden elektronischen Defekt am Navigationsgerät greift die Beweislastumkehr zugunsten des Käufers innerhalb der ersten 6 Monate nicht ein. Nach der Art des Mangels kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass dieser bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorlag.
(AG Nordhausen, Urteil vom 08.10.2018 – 22 C 347/17).
Zur Beweislast innerhalb der 6-Monats-Frist
Die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers greift schon dann, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde.
Dagegen muss der Käufer weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt.
Die in § 476 BGB geregelte Vermutungswirkung erstreckt sich auch darauf, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat.
(BGH, Urteil vom 12. Oktober 2016 – VIII ZR 103/15)
Einbeziehung von AGB beim Verkauf eines Autos an Unternehmer
Gegenüber Unternehmern gelten wegen § 310 Abs. 1, 305 Abs. 2 BGB weniger strenge Anforderungen bezüglich der Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Hier kann ein bloßer Verweis auf die Bedingungen und deren Zusendung auf Wunsch ausreichen.
(OLG Stuttgart, Urteil vom 16.02.2011 – 3 U 136/10)
Zur Beweislastumkehr innerhalb der ersten 6 Monate
Weist die Kaufsache innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf oder der Übergabe einen Mangel auf, muss nicht der Käufer den Beweis erbringen, dass der Mangel schon beim Kauf bestanden hat, sondern dies wird zu Gunsten des Käufers vermutet.
(BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 – VIII ZR 259/06)
Abgrenzung zwischen Beschaffenheitsvereinbarung und Beschaffenheitsgarantie (Angabe der Laufleistung)
Mit der Übernahme der Garantie für die Beschaffenheit einer Sache im Sinne des § 444 Alt. 2 BGB durch den Verkäufer ist – ebenso wie mit der Übernahme einer Garantie im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB – zumindest auch die Zusicherung einer Eigenschaft der Sache nach früherem Recht (§ 459 Abs. 2 BGB a. F.) gemeint.
Die Übernahme einer Garantie setzt daher – wie früher die Zusicherung einer Eigenschaft – voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen.
Die Frage, ob Angaben des Verkäufers zur Laufleistung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs lediglich als Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder aber als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Alt. 2 BGB) zu werten sind, ist unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenlage zu beantworten.
Beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs ist die Angabe der Laufleistung in der Regel lediglich als Beschaffenheitsangabe und nicht als Beschaffenheitsgarantie zu verstehen.
Von einer stillschweigenden Garantieübernahme kann beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs nur dann ausnahmsweise auszugehen sein, wenn über die Angabe der Laufleistung hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei dem Käufer die berechtigte Erwartung wecken, der Verkäufer wolle für die Laufleistung des Fahrzeugs einstehen. Alleine die Besonderheiten des Kaufs über das Internet mittels eines von eBay zur Verfügung gestellten Bietverfahrens rechtfertigen diese Annahme nicht.
Sind in einem Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart, ist dies regelmäßig dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).
(BGH, Urteil vom 29. November 2006 – VIII ZR 92/06)
Vorrang der Nacherfüllung gegenüber Minderung
Dass der Käufer eines Gebrauchtwagens nicht weiß, ob ein binnen sechs Monaten nach der Übergabe durch den Verkäufer aufgetretener Defekt des Fahrzeugs auf einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückzuführen ist, entlastet ihn nicht von der Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben, bevor er das Fahrzeug selbst reparieren lässt und wegen des Mangels die Minderung erklären oder einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung geltend machen kann.
§ 439 Abs. 3 BGB gewährt dem Verkäufer eine Einrede gegenüber der vom Käufer beanspruchten Art der Nacherfüllung, die der Verkäufer ausüben kann, aber nicht muss. Der Käufer kann deshalb nicht wegen unverhältnismäßiger Kosten der Nacherfüllung sogleich die Minderung erklären, ohne dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu haben.
(BGH, Urteil vom 21. 12. 2005 – VIII ZR 49/05)
Normaler Verschleiß begründet keinen Sachmangel
Die reguläre Abnutzung von Verschleißteilen stellt natürlich keinen Sachmangel dar.
(BGH, Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 43/05)
Einbeziehung von AGB beim Autokauf
Gegenüber Verbrauchern setzt eine Einbeziehung von AGB voraus, dass die AGB auf der Rückseite des Bestellformulars vollständig abgedruckt sind. Ein Käufer ist in diesem Zusammenhang nicht verpflichtet, die Unterlagen auf Vollständigkeit zu prüfen.
(OLG Frankfurt, Urteil vom 02. November 1988 – 17 U 148/87)
Haftung für im Keim angelegte Mängel
Es reicht für einen Sachmangel aus, dass dieser bei Gefahrübergang bereits „im Keim angelegt“ war und sich erst nach Gefahrübergang so fortentwickelt hat, dass er in Erscheinung tritt.
(BGH, Urteil vom 24. November 1976 – VIII ZR 137/75 – „Schwimmerschalter-Fall“).