Ärzten wird ja nachgesagt, dass sie nicht gerade über eine leserliche Handschrift verfügen.

Wer öfters mit förmlichen Zustellungen zu tun hat („gelber Umschlag“), fragt sich daher manchmal, ob der Briefzusteller früher vielleicht einmal Arzt war. Mitunter muss man nämlich schon sehr ausgiebig rätseln, welches Datum auf dem gelben Umschlag notiert ist.

Dass dies für Prozessbeteiligte manchmal von Vorteil sein kann, zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13.12.2023 (Az. 10 U 472/23).

Dort hatte ein Versicherungsnehmer gegen seine Berufsunfähigkeitsversicherung geklagt und ein entsprechendes Versäumnisurteil erwirkt.

Dieses sollte zunächst dem Anwalt der Versicherung auf elektronischem Wege zugestellt werden. Der Anwalt wollte aber offenbar kein Empfangsbekenntnis zurücksenden, daher funktionierte dieser Weg der Zustellung nicht.

Das Gericht versuchte es dann anders, nämlich mit einer Zustellung in Papierform auf dem Postweg. Ausweislich der Postzustellungsurkunde erfolgte die Zustellung am 12.12.2022. Auf dem gelben Umschlag wurde handschriftlich ein Datum eingetragen, dass man als “12.12.2022” oder auch als “17.12.2022” entziffern konnte. Die Versicherung legte dann am 02.01.2023 Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein.

Da der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil nur innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung möglich ist, stellte sich hier die Frage, welches Datum maßgeblich ist.

Nachdem die Vorinstanz den Einspruch als verfristet verworfen hatte, hob das OLG Koblenz diese Entscheidung auf.

Die Zustellung des Versäumnisurteils am 12.12.2022 war nach Auffassung des OLG unwirksam. Gemäß § 189 ZPO gelte die Zustellung erst am 27.12.2022 als erfolgt.

Der Fall des unleserlichen Datums sei dem Fall eines fehlenden Datums gleichzusetzen. Die Eintragung des Datums auf dem Zustellumschlag habe eine Ersatzfunktion für die Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger und die Kenntnis des Datums diene seinem Schutz und der fristgemäßen Wahrung seiner Rechte. Daraus ergebe sich, dass der Empfänger in einer vergleichbaren Position ist, als wenn ihm überhaupt kein Datum mitgeteilt wird.

Auch wenn der Empfänger dem unleserlichen Datum der Zustellung - wie in diesem Fall - noch ein Zeitfenster entnehmen kann, sei allein durch diese Information der genaue Beginn von Rechtsbehelfsfristen nicht sicher zu berechnen. Gemäß § 180 Satz 3 ZPO sei die Angabe des Datums auf dem Umschlag erforderlich. Nach Auffassung des OLG Koblenz könne damit nur ein konkretes lesbares Datum gemeint sein.