Manche Sachen erlebe ich nicht so häufig. Frühe erste Termine zum Beispiel.

Aber erst einmal einen Schritt zurück. Ein früher erster Termin wird in zivilrechtlichen Streitigkeiten vom Gericht bestimmt, nachdem der Kläger seine Klage eingereicht hat. Das ist aber eher die Ausnahme. Meistens ordnet das Gericht stattdessen ein schriftliches Vorverfahren an, d.h. die Anwälte schreiben erst einmal hin und her, bis alles „auf dem Tisch liegt“. Erst dann gibt es einen Verhandlungstermin.

In einem aktuellen Fall wollte das Gericht nun aber doch lieber einen frühen ersten Termin. Kann man eben so machen.

Heute kommt dann elektronische Post vom Gericht. Früher hat man neugierig den Brieföffner geschwungen, heute doppelklickt man neugierig auf die Anlagen.

1. Doppelklick:

Der gegnerische Kollege (ein Einzelanwalt wie ich) schreibt, dass er an diesem Termin verhindert ist, da er einen dringenden Facharzttermin habe, den er nicht verschieben könne. Er bittet um Terminverlegung.

Ich schlage also schonmal den Kalender auf, um nach einem neuen Termin zu schauen.

2. Doppelklick:

Das Gericht schreibt:

„In dem Rechtsstreit … gegen …

wird darauf hingewiesen, dass der Termin bestehen bleibt. Es handelt sich um einen frühen ersten Termin. Aufgrund der mitgeteilten Verhinderungen und im Hinblick auf den hier herrschenden Terminstands wird der Sinn und Zweck des frühen ersten Termins hinfällig, da ein kompatibler Termin voraussichtlich erst im September stattfinden kann.“

Als ich das gelesen habe, war ich doch etwas baff. So etwas habe ich bislang noch seltener erlebt als ein Stuhlurteil in Zivilsachen, nämlich gar nicht.

Ein Kollege gibt persönliche, gesundheitliche Verhinderungsgründe an und das Gericht sagt dazu nur, ist mir doch Wurst, der Termin bleibt bestehen, sonst müssen wir den ja verlegen? Ich wäre da persönlich not amused (der Kollege war es auch nicht, als wir dazu telefonierten).

Zumal es so sicher ist wie der Klingelbeutel in der Kirche, was in dem frühen ersten Termin geschehen wird, wenn der Kollege nicht erscheinen kann: Es ergeht ein Versäumnisurteil, der Kollege legt hiergegen später Einspruch ein und dann gibt es einen neuen Termin.

Der vom Gericht erwähnte „Sinn und Zweck“ des frühen ersten Termins wird damit ebenso hinfällig. Warum beharrt das Gericht also so sehr darauf? Kann es den Kollegen womöglich nicht leiden? Ich weiß es nicht. Und ich werde es wohl so schnell auch nicht erfahren. Denn ich glaube jetzt einfach mal dem Kollegen. Deswegen sind wir so verblieben, dass ich auch nicht zum Termin erscheine.

Vielleicht stecke ich selbst irgendwann einmal in einer ähnlichen Situation. Karma hat kein Mindesthaltbarkeitsdatum.