Rollt ein Einkaufswagen auf einem Parkplatz gegen ein Fahrzeug und beschädigt dieses, stellt sich für die Beteiligten häufig die Frage, welche Versicherung des „Einkaufswagenführers“ für den Schaden aufkommen muss – die KFZ-Haftpflichtversicherung oder die private Haftpflichtversicherung?

Die Frage stellt sich deshalb, weil in der privaten Haftpflichtversicherung regelmäßig eine sog. „Benzinklausel“ enthalten ist. Die Benzinklausel besagt, dass die private Haftpflichtversicherung – vereinfacht gesagt – nicht für Schäden verantwortlich ist, die mit einem KFZ verursacht wurden. Beispiel:

„Nicht versichert ist die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.“(Beispiel für eine „Benzinklausel“)

Quasi spiegelbildlich hierzu regeln die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2015) Folgendes:

„A.1.1 Was ist versichert?
Sie haben mit Ihrem Fahrzeug einen Anderen geschädigt
A.1.1.1 Wir stellen Sie von Schadenersatzansprüchen frei, wenn durch den Gebrauch des Fahrzeugs
a Personen verletzt oder getötet werden,
b Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhanden kommen,
c Vermögensschäden verursacht werden, die weder mit einem Personen- noch mit einem
Sachschaden mittelbar oder unmittelbar zusammenhängen (reine Vermögensschäden),
und deswegen gegen Sie oder uns Schadenersatzansprüche aufgrund von
Haftpflichtbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des Straßenverkehrsgesetzes
oder aufgrund anderer gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen des Privatrechts geltend
gemacht werden. Zum Gebrauch des Fahrzeugs gehört neben dem Fahren z. B. das Ein und Aussteigen sowie das Be- und Entladen.“(Auszug aus den AKB 2015)

Welche Versicherung greift (Privathaftpflicht oder KFZ-Haftpflichtversicherung), hängt also maßgeblich davon ab, ob der Schaden auf den Gebrauch eines KFZ zurückzuführen ist oder nicht. Die Abgrenzung zwischen den beiden Versicherungen ist nicht immer einfach. Häufiger Streitpunkt ist, was man unter dem „Gebrauch eines Fahrzeugs“ verstehen darf oder nicht (mehr).

„Ereignet sich ein Schaden bei einem Gebrauch des Kraftfahrzeuges hat gemäß § 10 AKB die Kraftfahrthaftpflicht einzustehen, liegt ein solcher Gebrauch nicht, noch nicht oder nicht mehr vor, greift dagegen die Privathaftpflichtversicherung ein.“(Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 05.09.2003, Az.: 301 C 769/03 (70))

Diese Abgrenzung ist natürlich nicht immer einfach vorzunehmen und beschäftigt in der Praxis häufig die Gerichte.

In einem Fall vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main hatte z.B. ein Versicherungsnehmer seine private Haftpflichtversicherung wegen der Schäden an einem Opel Corsa in Anspruch genommen. Zu dem Schaden kam es deshalb, weil der Kläger auf einem Supermarktparkplatz seinen Einkaufswagen kurz losließ, um in die Hosentasche nach seinem Fahrzeugschlüssel mit Fernbedienung zu greifen. Der wegrollende Einkaufswagen beschädigte dann den Opel Corsa. Die Klage hatte keinen Erfolg. Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die beklagte Privathaftpflichtversicherung keinen Anspruch auf .Gewährung von Versicherungsschutz für den Schaden vom 30.09.2002 anlässlich des Geschehens auf dem Parkplatz des Nettomarktes in Hohenkirchen im Wangerland/Nordsee. Der Schaden an dem Fahrzeug des geschädigten Dritten Märke Opel Corsa ist nämlich durch den Gebrauch des |. eigenen Kraftfahrzeuges des Klägers eingetreten. Für einen solchen Schaden besteht im Rahmen des zwischen den Parteien abgeschlossenen privaten Haftpflichtversicherungsvertrages kein Versicherungsschutz. Die Beklagte hat sich wirksam auf die so genannte kleine Benzinklausel gemäß Ziffer 1.3 der besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Haftpflichtversicherung (BBR) berufen.

[…]

Der Kläger hat im Sinne der vorzunehmenden Abgrenzung zwischen der Haftung der Privathaftpflichtversicherung und der Haftung der Kfz.- Haftpflichtversicherung von seinem eigenen Fahrzeug Gebrauch gemacht, in dem er die Hand vom Einkaufswagen löste und in die rechte Hosentasche führte, um die Fernbedienung der Zentralverriegelung zu betätigen. Der Kläger hat damit auf dem Weg zum geparkten Fährzeug begonnen, dieses mittels der Fernbedienung über die Heckklappe zu öffnen wie er dies in seiner Schadensanzeige auch formuliert hat. Zum Gebrauch des Fahrzeuges gehören nach ständiger Rechtsprechung auch die Durchführung von Reparaturarbeiten und das Be – und Entladen (BGH Z 75, 45, BGH VersR 77, 418). Dazu gehören auch die jeweiligen unmittelbaren Vor – und Nachbereitungsarbeiten für dieses Be – und Entladen, soweit sie in einem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist bei dem vom Kläger beschriebenen Öffnungsvorgang der Fall. Nur wenn das schädigende Ereignis über die bloße Anwesenheit des Fahrzeuges hinaus mit diesem nichts zu tun hat, liegt ein Gebrauch und damit ein Eingreifen der Kfz. – Haftpflichtversicherung nicht mehr vor. So hat das Landgericht Wiesbaden (VersR 1991, 872) bereits das Betätigen einer in einer Tiefgarage befindlichen verschiebbaren Parkpalette durch Knopfdruck als Gebrauch ausreichen lassen, obgleich das Fahrzeug des Versicherungsnehmers selbst lediglich hinter der Parkpalette stand und selbst weder geöffnet noch bewegt wurde. Vorliegend wurde das Fahrzeug des Klägers geöffnet und im Zuge dieser Vorbereitungshandlung für das Beladen in Gebrauch genommen. Dies geht über die bloße Vorbereitung der Annäherung an das Fahrzeug wie in dem vom Landgericht Wiesbaden entschiedenen Fall deutlich hinaus.“

(AG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.09.2003, Az.: 301 C 769/03 (70))

Eine Haftung der KFZ-Haftpflichtversicherung liegt auch dann vor, wenn sich der Einkaufswagen in dem Moment selbständig macht, wenn der Fahrzeugführer seine soeben eingekauften Sachen vom Einkaufswagen in den Kofferraum einpackt:

„Keinem Zweifel unterliegt es, daß der Schaden an dem Fahrzeug des Geschädigten H. dann durch den Gebrauch des Kraftfahrzeugs des Kl. verursacht worden ist, wenn der rechtlichen Beurteilung die Unfallmeldung des Kl. an die Bekl. vom 10.6.1989 zugrundegelegt wird, also sich der Einkaufswagen des Kl. in dem Moment auf dem abschüssigen Gelände selbständig gemacht hat, als der Kl. seine soeben eingekauften Sachen vom Einkaufswagen in den Kofferraum einpackte. In diesem Fall ist die notwendige aktuelle und unmittelbare Beteiligung des Fahrzeugs an der schadenstiftenden Verrichtung gegeben, denn der Schaden ist dann unmittelbar beim Beladen des Fahrzeugs entstanden. Aber auch dann, wenn der Kl. – wie er nunmehr behauptet – im Zeitpunkt des Wegrollens des Einkaufswagens lediglich damit beschäftigt war, Kofferraum und Beifahrertür zu öffnen, um Gegenstände vom Fahrgastraum in den Kofferraum zu laden, damit für die neu eingekauften Waren Platz geschaffen wurde, also noch nicht mit dem Beladen der gekauften Gegenstände begonnen hatte, steht der durch das Wegrollen des Einkaufswagens verursachte Schaden nach Auffassung der Kammer in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gebrauch des Fahrzeuges.

Eine zeit- und ortsnahe Verknüpfung zwischen Schaden und dem Beladevorgang kann bereits bei Handlungen zu bejahen sein, die unmittelbar Vor- oder Nachbereitungsarbeiten für die Be- oder Entladetätigkeit darstellen. Wann eine Beteiligung des Fahrzeuges am schadenstiftenden Ereignis vorliegt, kann zwar nicht für alle derartigen Handlungen einheitlich beurteilt werden. Vielmehr sind die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Bei einer natürlichen Betrachtungsweise ergibt sich, daß sich schon dann das Beladungsrisiko verwirklicht, wenn sich der Einkaufswagen mit den zu beladenden Gütern während des Öffnens von Kofferraum und Beifahrertür und dem Umladen von Gegenständen aus dem Fahrgastraum in den Kofferraum gerade zu dem Zweck, Raum für die neu zu beladenden Güter zu schaffen, selbständig macht und dadurch Rechtsgüter anderer geschädigt werden.

Hier diente das Umladen der unmittelbaren Vorbereitung des Beladungsvorganges, denn es sollte den notwendigen Raum für das Beladen schaffen. Sodann sollte sich – der Einkaufswagen stand in der Nähe des Fahrzeuges – das Beladen anschließen. Eine solche, im unmittelbaren Vorfeld der Beladung vorgenommene, der Beladung dienende Handlung muß aber dem Gebrauch des Fahrzeuges ebenso zugerechnet werden wie der Beladevorgang selbst. Eine Differenzierung zwischen beiden Vorgängen derart, daß der eine dem Gebrauch des Fahrzeuges noch nicht, der folgende aber sodann doch dem Gebrauch zuzurechnen sei, erscheint willkürlich, da sich beide bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlicher Vorgang darstellen. Dies macht auch ein Vergleich mit dem sicherlich dem Gebrauch des Fahrzeuges zuzurechnenden Fall deutlich, daß der Beladende erst während des Ladevorgangs bemerkt, daß der Laderaum nicht ausreicht und dabei Gegenstände im Fahrzeug umlagert. Schwerlich nachvollziehbar wäre die Unterscheidung, daß während der in den Beladevorgang integrierten Umladearbeiten eine Schadenverursachung durch den Gebrauch des Fahrzeuges vorläge, in dem hier gegebenen Fall aber nicht. In beiden Fällen ist die Aufmerksamkeit des VersNehmers in gleicher Weise „durch” die Beschäftigung mit dem Fahrzeug abgelenkt, sein Gebrauch also ursächlich für den Schaden.“

(LG Aachen, Urteil vom 30. 3. 1990 – 5 S 477/89)

Das Amtsgericht München entschied dagegen, dass der Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne von § 7 StVG nicht mehr vorliege, wenn das Wegrollen eines Einkaufwagens nicht auf die Gefahr des abgestellten KFZ sondern auf die nachlässige Sicherung des Einkaufswagens zurückzuführen ist:

„Die Bekl. zu 2) ist als Kfz-Haftpflichtversicherung nur einstandspflichtig, wenn sich ein Unfall „bei Betrieb“ des bei ihr haftpflichtversicherten Fahrzeugs ereignet. Nach der in der Rspr. üblichen Definition ereignet sich ein Unfall „bei Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs, wenn er „durch die dem Kfz-Betrieb typisch innewohnende Gefährlichkeit adäquat verursacht wurde“ und sich „von dem Fahrzeug ausgehenden Gefahren bei seiner Entstehung ausgewirkt haben“. Dabei genügt ein naher zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Einrichtung des Kraftfahrzeugs, nicht jedoch eine bloße räumliche Nähe (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 7 StVG Rn. 4 f.)

Nach dieser Definition liegt hier kein Unfall vor, der im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kfz steht. Der Bekl. zu 1) hat zwar im Zusammenhang mit dem Unfall einen Einkaufswagen beladen, den er zu diesem Zweck in der Nähe des Kastenwagens der Kl. abgestellt hatte. Dass dieser sich dann in Bewegung setzte, hat aber nichts mit den typischen Gefahren zu tun, die im Zusammenhang mit der Benutzung des Ducatos als Kfz stehen. Der Einkaufswagen hätte sich genauso gut in Bewegung setzen können, wenn z. B. der Bekl. zu 1) unmittelbar vor dem Supermarkt Getränkekästen von einem auf den anderen Einkaufswagen umgeladen hätte. Die Ursache des Unfalls liegt hier nicht in der Gefährlichkeit des Ducatos, sondern darin begründet, dass der Bekl. zu 1) beim Abstellen des Einkaufswagens nicht darauf geachtet hat, dass dieser einen sicheren Stand hat und nicht wegrollt. So sieht es auch das LG Kassel (Urteil vom 16.1.2003 zfs 2003, 301–302). Demzufolge muss hier auch die Bekl. zu 2), die die Betriebsgefahren im Zusammenhang mit der Benutzung des Fiat Ducatos absichern soll, für den entstandenen Schaden nicht aufkommen. Die Klage gegen die Bekl. zu 2) war abzuweisen.“

(AG München, Urteil vom 5.2.2014 (343 C 28512/12))

In ähnlicher Weise entschied z.B. das LG Kassel:

„Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass das von der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung gedeckte Wagnis in einem adäquaten Ursachenzusammenhang mit dem entstandenen Schaden stehen muss; dies bedeutet, dass die Gefahr vom Fahrzeug selbst ausgehen muss; beim Be- und Entladen eines Kraftfahrzeuges kommt es deshalb darauf an, ob das versicherte Fahrzeug an der schadensstiftenden Verrichtung schon oder noch beteiligt, d. h. aktuell und unmittelbar, zeit- und ortsnah dafür eingesetzt worden ist; nur dann ist der Schaden gerade durch den Gebrauch des Fahrzeugs adäquat verursacht (BGH VersR 80, 1039VersR 77, 418; Z 75, 45; Wussow in: VersR 1996, 669).

Im vorliegenden Fall war die Klägerin mit dem Öffnen der Heckklappe ihres Personenkraftwagens beschäftigt, um anschließend ihren Pkw mit dem Inhalt ihres Einkaufswagens zu beladen, als ihr Einkaufswagen wegrollte und einen anderen Personenkraftwagen beschädigte. Damit liegt eine unmittelbare Vorbereitungshandlung zum Beladen ihres Personenkraftwagens vor, was noch unter den Gebrauch eines Fahrzeuges fällt (insoweit ähnlich LG Aachen, r + s 90, 188). Auch liegt eine zeit- und ortsnahe Verknüpfung zwischen der unmittelbaren Vorbereitung des Beladungsvorganges und dem dann durch den Einkaufswagen verursachten Schaden vor. Jedoch ist eine adäquate Schadensverursachung durch diesen Gebrauch des Personenkraftwagens durch die Klägerin im oben erwähnten Sinne nicht gegeben, weil die sich in dem Schaden realisierte Gefahr nicht von dem Personenkraftwagen der Klägerin selbst ausging, sondern von dem vorhergehenden Verhalten der Klägerin, nämlich der mangelnden Sicherung des Einkaufswagens gegen Wegrollens. An dieser schadensstiftenden Verrichtung war der Personenkraftwagen nicht unmittelbar beteiligt, wenn auch sein Vorhandensein und die Notwendigkeit des Öffnens der Heckklappe ursächlich im Sinne der Bedingungstheorie für das Loslassen des Einkaufswagens und in der Folge für den eintretenden Schaden sein mag.“

(LG Kassel, Urteil vom 16.01.2003 – 1 S 402/02)

Wie man an den vorangegangenen Entscheidungen erkennen kann, kommt es maßgeblich darauf an, ob ein direkter Zusammenhang mit dem Be- oder Entladen vorliegt oder nicht. Dies ist letztlich stets eine Frage des Einzelfalls und muss ggf. vor Gericht durch entsprechende Beweismittel belegt werden.