In meinem heutigen Beitrag möchte ich kurz auf die Verjährung von titulierten Zinsen eingehen. Titulierte Zinsen sind solche Zinsen, die in einem vollstreckungsfähigen Titel (zum Beispiel Urteil, Vollstreckungsbescheid) festgelegt sind.
Nehmen wir hierfür folgenden Beispielsfall: Ein Beklagter wird vom Landgericht zur Zahlung verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 15.01.2021. Der Urteilstenor lautet:
„Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 10.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2020 zu zahlen.“
Die fett markierte Passage enthält die titulierten Zinsen.
Bei den Zinsen gibt es nun eine Besonderheit, was die Verjährung betrifft.
Doch zunächst lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen und einen Blick auf das Rechtsinstitut der Verjährung werfen.
Zur Verjährung
Ansprüche unterliegen der Verjährung, wie das BGB in § 194 Abs. 1 BGB bestimmt:
“Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.”
Das bedeutet, nach Ablauf der Verjährungsfrist ist der Schuldner berechtigt (aber nicht verpflichtet), die Einrede der Verjährung zu erheben, § 214 Abs. 1 BGB:
„Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.“
Da es sich um eine Einrede handelt, kann der Schuldner entscheiden, ob er sich auf die Verjährung berufen möchte oder nicht. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.
Wenn der Schuldner trotz Verjährung zahlt, kann er den gezahlten Betrag nicht zurückverlangen, § 214 Abs. 2 Satz 1 BGB:
„Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist.“
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB).
Für rechtskräftig festgestellte Ansprüche, die z. B. in einem Urteil oder Vollstreckungsbescheid tituliert sind, gilt dagegen eine Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
Das bedeutet in dem oben genannten Beispiel, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 10.000,– EUR erst nach 30 Jahren verjährt. Die Verjährungsfrist beginnt insoweit ab Rechtskraft des Urteils, vgl. § 201 BGB.
Verjährung künftig fälliger Zinsen
Die dreißigjährige Verjährungsfrist gilt aber nicht für künftig fällige Zinsforderungen. Hierfür enthält § 197 Abs. 2 BGB eine Sonderregelung:
„Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.“
Zinsen sind ein Fall solcher „regelmäßig wiederkehrenden Leistungen“. Das hat zur Folge, dass man verschiedene Verjährungsfristen beachten muss:
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Die titulierte Hauptforderung und die bis zur Rechtskraft des Urteils aufgelaufenen Zinsen verjähren nach 30 Jahren (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
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Die später fällig werdenden Zinsen unterliegen der Regelverjährung nach 3 Jahren (§ 195, 199 BGB).
Im Beispielsfall heißt das: Die Hauptforderung (10.000,– EUR) und die Zinsen vom 01.04.2020 bis zum 15.01.2021 verjähren nach 30 Jahren, die Zinsen ab dem 16.01.2021 dagegen innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.
Diese Besonderheit müssen Gläubiger und Schuldner gleichermaßen berücksichtigen, wenn aus einem älteren Titel vollstreckt werden soll. Dann kann es nämlich sein, dass ein Teil der Zinsen bereits verjährt ist.
Auf den Rechtsgrund der Zinsschuld kommt es nicht an (Staudinger/Peters/Jacoby (2019) BGB § 197, Rn. 79). Der kurzen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen alle künftigen Zinsansprüche, egal ob vertraglicher oder gesetzlicher Natur, etwa Prozesszinsen / Verzugszinsen. Ein Anspruch auf Verzugszinsen unterliegt z. B. auch dann der kurzen Verjährung nach § 197 Abs. 2, 195 BGB, wenn er auf den Gesichtspunkt des Schadensersatzes (BGB § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 2) gestützt wird (BGH, Beschluss vom 2. März 1993 – XI ZR 133/92).