Der Bundesgerichtshof hat die Thematik „Widerruf von Handwerker-Verträgen“ ein Stück weit zu Gunsten von Handwerkern entschärft. Der BGH entschied, dass einem Verbraucher kein Widerrufsrecht zusteht, wenn der Verbraucher ein vom Unternehmer am Vortag unterbreitetes Angebot am Folgetag außerhalb von Geschäftsräumen lediglich annimmt (BGH, Urteil vom 6. Juli 2023, VII ZR 151722).

Kurz zum Hintergrund: Handwerker schließen häufig Verträge außerhalb ihrer Geschäftsräume ab (nämlich beim Kunden). Ist der Kunde Verbraucher, kann ihm in bestimmten Konstellationen ein Widerrufsrecht zustehen. Über ein solches Widerrufsrecht wird von vielen Handwerkern aber nicht belehrt. Die Folge einer solchen fehlerhaften Widerrufsbelehrung ist, dass der Verbraucher bis zu einem Jahr und 14 Tagen den Vertrag widerrufen und rückabwickeln kann.

Der BGH hat den Anwendungsbereich dieses neuen „Widerrufs-Jokers“ etwas eingeschränkt.

Aus den Entscheidungsgründen des BGH:

„Eine gegenüber dem Angebot des Unternehmers derart zeitlich ver-setzte Auftragserteilung wird von § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB nicht erfasst. Diese Vorschrift, mit der die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 (Verbraucherrechterichtlinie) ins deutsche Recht umgesetzt wird und die mit der Bestimmung in Art. 2 Nr. 8 a) der Verbraucherrechterichtlinie inhaltlich übereinstimmt, ist richtlinienkonform im Lichte dieser Richtlinie auszulegen, wobei bei der Auslegung zu beachten ist, dass nach Art. 4 der Richtlinie eine Vollharmonisierung der zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Vorschriften angestrebt wird. Ein Vertragsschluss bei gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien außerhalb von Geschäftsräumen liegt danach nicht vor, wenn der Verbraucher ein vom Unternehmer am Vortag unterbreitetes Angebot am Folgetag außerhalb von Geschäftsräumen lediglich annimmt (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 16. Dezember 2021 - 7 U 12/20, BauR 2022, 1358 = NZBau 2022, 222, juris Rn. 40; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 312b Rn. 6; Staudinger/Thüsing (2019) BGB, § 312b Rn. 19; Maume in: BeckOK BGB Hau/Poseck, Stand: 1. Mai 2023, § 312b Rn. 17).

Für diese - schon nach dem Wortlaut naheliegende - Auslegung von § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB spricht auch der mit der Verbraucherrechterichtlinie verfolgte Zweck. Aus dem Erwägungsgrund Nr. 21 der Richtlinie ergibt sich, dass von der Begriffsbestimmung für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge Situationen nicht erfasst werden sollen, in denen der Unternehmer zunächst in die Wohnung des Verbrauchers kommt, um ohne jede Verpflichtung des Verbrauchers lediglich Maße aufzunehmen oder eine Schätzung vorzunehmen, und der Vertrag danach erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Geschäftsräumen des Unternehmers auf der Grundlage der Schätzung des Unternehmers abgeschlossen wird. Dies wird damit begründet, dass der Verbraucher in einem solchen Fall Gelegenheit hatte, vor Vertragsschluss über die Schätzung des Unternehmers nachzudenken.“