- Wann steht dem Kunden überhaupt ein Widerrufsrecht zu?
- Bei welchen Bestellungen besteht kein Widerrufsrecht?
- Wie schnell muss die Erstattung des Kaufpreises erfolgen?
- Wann beginnt die Frist für die Erstattung?
- Über welches Zahlungsmittel muss die Rückzahlung erfolgen?
- Wann tritt Zahlungsverzug ein?
- Wann darf der Online-Händler die Rückzahlung verweigern?
- Wie geht man am besten vor, wenn der Kaufpreis nicht erstattet wird?
- Wo kann man klagen, wenn der Online-Shop in der EU oder in der Schweiz sitzt?
- Muss der Online-Händler auch die Versandkosten bezahlen?
- Brauchen Sie Hilfe?
Wann steht dem Kunden überhaupt ein Widerrufsrecht zu?
Schließen ein Online-Händler und ein Verbraucher einen Kaufvertrag über das Internet, handelt es sich regelmäßig um einen sogenannten Fernabsatzvertrag. Dann steht Verbrauchern ein 14tägiges Widerrufsrecht zu. Daher sollte man in jedem Fall prüfen, ob man als Verbraucher oder nicht sogar möglicherweise als Unternehmer bestellt hat. Wenn man als Unternehmer bestellt hat, besteht kein gesetzliches Widerrufsrecht.
Bei welchen Bestellungen besteht kein Widerrufsrecht?
Ausnahmsweise besteht auch bei Verbrauchern kein Widerrufsrecht bei bestimmten Verträgen bzw. Produkten, z.B. bei verderblicher Ware oder bei versiegelten Hygieneartikeln. Diese sind in § 312g Abs. 2 BGB aufgelistet.
Eine häufig relevante Ausnahme sind dabei
„Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind“
(§ 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB)
Dabei geht es also um individualisierte Bestellungen, z.B. Pullover mit Namensschriftzug.
Es kommt dabei letztlich auf alle Umstände des Einzelfalls an, z.B. ob bestimmte Optionen im Online-Shop von vornherein auswählbar sind.
Beispiel: Ein Mandant meiner Kanzlei hatte bei einem Online-Händler ein hochwertiges Audiokabel zum Preis von 3.300 € bestellt. Bei der Bestellung wählte er als Länge des Kabels „1 Meter“ aus. Später widerrief er den Vertrag und forderte den Kaufpreis zurück. Der Händler verweigerte die Rückzahlung mit dem Argument, bei der Länge von 1 Meter handle sich um eine Individualanfertigung im Sinne von § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB. Das Fernabsatzwiderrufsrecht sei daher ausgeschlossen. Das AG Nauen folgte noch der Auffassung des Händlers und wies die Klage meines Mandanten ab. Die von uns hiergegen gerichtete Berufung war jedoch erfolgreich. Ein Verbraucher, der über das Internet ein hochwertiges Audiokabel bei einem Online-Händler konfiguriert und bestellt, kann den Kaufvertrag grundsätzlich innerhalb der gesetzlichen Widerrufsfrist widerrufen, entschied das LG Potsdam (LG Potsdam, Urteil vom 11.08.2021, Az. 7 S 2/21). Der Händler musste meinem Mandanten somit den Kaufpreis in Höhe von 3.300,- € erstatten.
Nach einer Entscheidung des LG Cottbus führt eine vom Verkäufer „aufgedrängte“ Individualisierung nicht zum Ausschluss des Widerrufsrechts (LG Cottbus, Urteil vom 29.09.2022 – 2 O 223/21).
Wie schnell muss die Erstattung des Kaufpreises erfolgen?
Die Rechtslage ist ziemlich eindeutig: Wird ein Fernabsatzvertrag vom Verbraucher fristgerecht widerrufen, so sind die empfangenen Leistungen unverzüglich, spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren (§§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB). Die Frist beginnt für den Online-Händler mit dem Zugang der Widerrufserklärung. Der Online-Händler muss den Kaufpreis also spätestens 14 Tage nach Zugang der Widerrufserklärung an den Verbraucher erstatten. Der Online-Händler darf die Rückzahlung nur solange verweigern, bis er die Ware oder einen Nachweis für deren Rücksendung erhalten hat.
Für die Einhaltung der Frist kommt es auf dem Eingang der Erstattung beim Verbraucher an. Es reicht also nicht aus, wenn der Online-Händler innerhalb von 14 Tagen eine Rückerstattung veranlasst, das Geld muss vielmehr innerhalb von 14 Tagen zurück beim Verbraucher sein (vgl. § 270 BGB).
Wann beginnt die Frist für die Erstattung?
Die Frist beginnt für den Unternehmer mit dem Zugang der Widerrufserklärung. Der Unternehmer muss den Kaufpreis also spätestens 14 Tage nach Zugang der Widerrufserklärung an den Verbraucher erstatten.
Über welches Zahlungsmittel muss die Rückzahlung erfolgen?
Für die Rückzahlung muss der Online-Händler dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat (z.B. Überweisung, Kreditkarte oder PayPal). Das gilt allerdings nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
Wann tritt Zahlungsverzug ein?
Wenn ein Online-Händler den Kaufpreis trotzdem nicht rechtzeitig zurückerstattet, gerät er automatisch in Zahlungsverzug. Eine zusätzliche Mahnung des Verbrauchers ist insoweit nicht erforderlich (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Ab Verzug ist der Verbraucher berechtigt, vom Händler Verzugszinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) sowie den Ersatz weiterer verzugsbedingter Schäden zu verlangen (z.B. Rechtsanwaltskosten).
Wann darf der Online-Händler die Rückzahlung verweigern?
Eine wichtige Einschränkung gilt beim Verbrauchsgüterkauf. Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft (Immobilienkaufverträge fallen also nicht darunter).
Ein Online-Händler darf bei einem Verbrauchsgüterkauf die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat (§ 357 Abs. 4 Satz 1 BGB). Das gilt allerdings nicht, wenn der Händler angeboten hat, die Waren abzuholen.
Wenn also der Verbraucher dem Online-Händler direkt nach Rücksendung der Ware eine Kopie des Einlieferungsbelegs übermittelt, kann sich der Händler sich nicht mehr auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Er muss dann fristgerecht zahlen, um weitere Verzugskosten zu vermeiden.
Der Verbraucher kann seine Rechtsposition also direkt verbessern, wenn er dem Unternehmer direkt nach Rücksendung der Ware eine Kopie des Einlieferungsbelegs übermittelt.
Wie geht man am besten vor, wenn der Kaufpreis nicht erstattet wird?
Betroffenen Käufern ist zunächst Folgendes zu empfehlen: Sammeln Sie sämtliche Belege für Ihren Rückzahlungsanspruch. Dazu zählen insbesondere die Bestellung selbst (z.B. die Bestellbestätigung oder Rechnung), Ihre Zahlung (z.B. Überweisungsbeleg, die Widerrufserklärung sowie einen Nachweis für den Zugang der Widerrufserklärung (z.B. automatische Empfangsbestätigung). Sollten Sie die Ware zurückgeschickt haben, benötigen Sie auch einen Nachweis über die Rücksendung (wenn Sie die Ware überhaupt nicht erhalten haben, entfällt dieser Punkt natürlich).
Weisen Sie den Online-Händler noch einmal vorsorglich auf Ihren Widerruf hin und fordern Sie die Rückzahlung des Kaufpreises. Setzen Sie dem Online-Händler hierfür eine kurze Frist (z.B. 1 Woche). Versenden Sie dieses Schreiben beweissicher (z.B. per Telefax mit Sendebericht, per E-Mail mit Empfangsbestätigung oder per Einwurfeinschreiben, welches Sie von einem Zeugen lesen und zur Post bringen lassen).
Falls der Online-Händler Ihnen das Geld dann immer noch nicht zurückzahlt, können Sie einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung Ihrer Ansprüche beauftragen. Der Händler muss dann auch die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren erstatten.
Wo kann man klagen, wenn der Online-Shop in der EU oder in der Schweiz sitzt?
Es kommt manchmal vor, dass Verbraucher aus Deutschland über einen Online-Shop bestellen, der seinen Sitz in der EU oder in der Schweiz hat. Wenn dieser Shop nach einem Widerruf des Fernabsatzvertrages den Kaufpreis nicht zurückzahlt, stellt sich für den Verbraucher die Frage, ob er Klage im Ausland erheben muss oder ob er eine solche Klage auch am Gericht seines Wohnsitzes erheben kann.
Als Faustformel kann man hierzu festhalten: Ein in Deutschland ansässiger Verbraucher kann eine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises auch am Gericht seines Wohnortes erheben, wenn ein Online-Shop mit Sitz in der EU oder in der Schweiz seine gewerbliche Tätigkeit zumindest auch auf den deutschen Markt ausgerichtet hat.
Hierfür sind folgende Regelungen einschlägig:
- Art. 17 und 18 der Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO)
- Art. 15 und 16 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano-Übereinkommen, LugÜ)
Muss der Online-Händler auch die Versandkosten bezahlen?
Bei dieser Frage muss unterschieden werden, um welche Versandkosten es genau geht. Es gibt hierbei zwei Arten von Versandkosten:
- Die „Hinsendekosten“, also die Kosten für den ersten Versand vom Online-Händler zum Kunden
- Die „Rücksendekosten“, also die Kosten für die Rücksendung zum Online-Händler
Für die Hinsendekosten enthält das Gesetz eine klare Regelung:
„Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.“
(§ 357 Abs. 2 BGB)
Bei den Rücksendekosten hat der Online-Händler faktisch die Wahl, ob er diese selbst übernimmt oder ob der Verbraucher diese zahlen muss. Zwar bieten viele Online-Händler aus Kulanz kostenlose Retourenmarken an (bzw. preisen diese Kosten mit ein), rechtlich verpflichtend ist dies aber nicht. Der Online-Händler muss den Verbraucher allerdings vor Vertragsabschluss darüber unterrichten, dass dieser ggf. die Kosten der Rücksendung tragen muss:
„Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher […] von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.“
(§ 357 Abs. 5 BGB)
Brauchen Sie Hilfe?
Falls Sie Probleme im Zusammenhang mit dem Widerruf einer Online-Bestellung haben, können Sie sich gerne an mich wenden.