Bei längeren Fahrten mit einem PKW lassen sich Steinschlagschäden in der Windschutzscheibe faktisch kaum vermeiden. Passiert dies mit einem Mietwagen, versuchen Autovermietungen häufig, die Kosten für die Instandsetzung der Windschutzscheibe auf den Mieter abzuwälzen. Dies ist jedoch regelmäßig nicht zulässig, wie in mehreren Gerichtsentscheidungen klargestellt wurde.
Entscheidung des AG Aschaffenburg vom 28.04.2004
So entschied z.B. das AG Aschaffenburg, dass eine Autovermietung dem Mieter 651 EUR zurückzahlen muss, die sie ihm wegen eines Steinschlagschadens an der Frontscheibe des Mietwagens von der Kreditkarte abgebucht hatte (AG Aschaffenburg, Urteil vom 28. April 2004 – 16 C 1891/03).
Der Mieter hatte das Fahrzeug mit einem Steinschlag an der Frontscheibe zurückgegeben. Die Autovermietung ließ die Scheibe austauschen und belastete den Mieter mit den Reparaturkosten.
Die Autovermietung hatte in ihren AGB eine Klausel verwendet, die den Mieter faktisch für alle Schäden während der Mietzeit haften ließ, egal ob er sie verschuldet hatte oder nicht. Die Klausel hatte folgenden Wortlaut:
„9. Haftung des Mieters
Der Mieter haftet für während der Dauer des Mietvertrages entstandene Schäden am Fahrzeug oder den Verlust des Fahrzeuges einschl. Fahrzeugteilen bzw. Zubehör, wobei der Fahrzeugschaden sich entweder nach den Reparaturkosten zzgl. evtl. Wertminderung oder maximal nach dem Wiederbeschaffungswert berechnet. Weiter haftet der Mieter für Abschleppkosten, Sachverständigengebühren, Mietausfall, anteilige Verwaltungskosten und sonstige Kosten – soweit angefallen.
Bei Überlassung des Fahrzeuges an Dritte – einschließlich der in Ziff. 3 bezeichneten weiteren Fahrer – haftet der Mieter für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Mietvertrages und das Verhalten des/der Dritten wie für eigenes Handeln.
Der Mieter ist für die Folgen von Verkehrsverstößen oder Straftaten, die in Zusammenhang mit dem gemieteten Fahrzeug festgestellt werden, voll verantwortlich und haftet A. für entstehende Gebühren und Kosten gem. Beiblatt Wichtige Kundeninformation. A. ist verpflichtet, den Behörden in einem solchen Fall den Mieter/Fahrer zu benennen.
10. Haftungsreduzierung
Der Mieter kann – vorbehaltlich Ziff. 11 – seine Haftung nach Ziff. 9 (ausgenommen 3. Abs.) durch Abschluss der Optionen „Haftungsreduzierung für alle Schäden einschl. Fahrzeugdiebstahl“ (A.-interne Kurzbezeichnung „ODW“) oder „Haftungsreduzierung nur für Fahrzeugdiebstahl“ (A.-intern „TP“ lt. den Feldern (51 A) und (51 B) auf der Vorderseite des Mietvertrages gegen Zahlung der entsprechenden Zusatzgebühr auf eine bestimmte Selbstbeteiligung (SB) pro Schadensfall reduzieren. Die vereinbarte reguläre Haftung des Mieters für Fahrzeugdiebstahl ergibt sich aus Feld (51 D), für alle anderen Schäden aus Feld (51 C).
Die Zusatzgebühr sowie evtl. Sonderregelungen ergeben sich aus dem Beiblatt Wichtige Kunden-Information.“
Das Gericht befand diese Klausel für unwirksam. Diese begründe eine verschuldensunabhängige Haftung des Fahrzeugmieters für während der Mietzeit entstehende Schäden. Eine solche Regelung könne in allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch nicht wirksam getroffen werden. Ausnahmen hiervon kämen nur dann in Betracht, wenn sie durch höherrangige Interessen des Vermieters gerechtfertigt sind oder durch Gewährung anderer rechtlicher Vorteile ausgeglichen werden. Ein solcher Ausnahmefall liege hier aber nicht vor.
Das Risiko einer Fahrzeugbeschädigung durch Steinschlag könne vom Mieter ebenso wenig wie vom Vermieter beherrscht werden. Zu derartigen Schäden komme es vielmehr häufig durch Aufschleudern kleinster Steinchen auf der Fahrbahn. Diese seien gerade auf der Autobahn regelmäßig zuvor nicht erkennbar, so dass der Fahrer derartige Schäden nicht vermeiden könne. Er könne daher das Risiko derartiger Schäden ebenso wenig beherrschen wie der Vermieter.
Entscheidung des AG Coburg vom 06.03.2008
Das AG Coburg entschied mit Urteil vom 06.03.2008 (Az. 11 C 1420/07), dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die bis zu einem bestimmten Betrag eine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters vorsehen, als überraschende Klauseln gem. § 305 c BGB unwirksam sind.
Im entschiedenen Fall hatte der beklagte Mieter einen KFZ-Mietvertrag mit einer Autovermietung abgeschlossen. Der Mietvertrag enthielt eine Haftungsreduzierung auf die Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000,00 EUR. In den AGB war zudem eine verschuldensunabhängige Haftung für alle rechtlichen, finanziellen und sonstigen Nachteile und Schäden festgelegt, die während der Mietzeit am Mietfahrzeug entstehen.
Es kam während der Mietzeit zu einem Steinschlagschaden, weshalb die Windschutzscheibe ausgewechselt werden musste. Die Autovermietung verlangte von dem Mieter den Ersatz der Reparaturkosten und berief sich dabei auf die vereinbarte Haftung in Höhe der Selbstbeteiligung.
Das AG Coburg lehnte eine solche verschuldensunabhängige Haftung jedoch ab. Ein Mieter müsse nicht damit rechnen, auch für Schäden zu haften, die er überhaupt nicht abwenden konnte. Zwar sehe das StVG grundsätzlich auch eine Gefährdungshaftung für die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs vor (§§ 7, 18 StVG). Allerdings sei auch dort der Nachweis der Unabwendbarkeit bzw. des fehlenden Verschuldens möglich.
Die Klausel wurde vom Gericht daher als überraschend (und somit als unwirksam) angesehen. Eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB konnte somit dahinstehen.
Entscheidung des AG Wolfratshausen vom 27.01.2010
In einer weiteren Entscheidung aus dem Jahr 2010 wies das AG Wolfratshausen eine Klage einer Autovermietung gegen eine Mieterin auf Schadensersatz wegen einer während der Mietzeit beschädigten Windschutzscheibe ab (AG Wolfratshausen, Urteil vom 27. Januar 2010 – 6 C 887/09).
Der Schaden an der Frontscheibe des PKW war durch einen Steinschlag verursacht worden. Ein Verschulden der Mieterin konnte insoweit jedoch nicht festgestellt werden.
Das AG Wolfratshausen befand, dass der Mieter eines PKW nicht für einen unverschuldeten Steinschlagschaden im Rahmen seiner Teilkasko-Selbstbeteiligung haften muss. Eine verschuldensunabhängige Haftung komme nicht in Betracht. Eine solche Haftung komme nur dann in Frage, wenn das Fehlen des entsprechenden Schadensrisikos eine wesentliche Grundlage für den Vertragsschluss gewesen wäre. Das sei hier aber nicht der Fall. Vielmehr entspreche die Möglichkeit eines Steinschlagschadens bei der Teilnahme mit einem PKW am Straßenverkehr allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen.