Ich habe ja bereits einmal darüber geschrieben, dass man Telefonate, in denen man wegen irgendeines “Firmeneintrags” angerufen wird und dann diverse Fragen mit “Ja” bestätigen soll, am besten sofort beenden sollte. Ansonsten flattern mit hoher Wahrscheinlichkeit gesalzene Rechnungen in den Briefkasten und es werden vierstellige Beträge für vollkommen überteuerte Firmeneinträge verlangt, die man bei Google Maps z.B. besser umsonst vornehmen kann.

Eines dieser Unternehmen, die hochpreisige Firmeneinträge am Telefon vermarkten, ist die Firmenauskunft P.U.R. GmbH mit Sitz in Emmerich am Rhein. Dieses Unternehmen klagt seine Vergütungsansprüche vor verschiedenen Amtsgerichten quer durch die Bundesrepublik ein und beruft sich dabei regelmäßig darauf, dass man auch schon vor anderen Gerichten insoweit Recht bekommen hätte.

Erfreulicherweise gibt es auch Richter, die sich von solchen “Trophäen” nicht blenden lassen, sondern das Geschäftsmodell solcher Anbieter kritisch hinterfragen.

So hat das AG Leipzig mit Urteil vom 24.07.2024 eine Vergütungsklage der Firmenauskunft P.U.R. GmbH gegen eine Mandantin meiner Kanzlei (selbst ein Werbeunternehmen in Form einer GmbH) vollumfänglich abgewiesen. Das Gericht spricht in den Entscheidungsgründen mitunter Tacheles:

AG Leipzig: Kein wirksamer Vertragsabschluss feststellbar

Das Gericht verneint bereits einen wirksamen Vertragsabschluss am Telefon mangels Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile:

“Die zulässige Klage ist unbegründet.

Zwischen den Parteien ist kein wirksamer Vertrag mündlich zustande gekommen durch ein Telefonat vom 12.03.2020.

Der konkrete Gesprächsinhalt war insoweit gemäß Anlage K1 zwischen den Parteien unstreitig. Der von der Klägerin behauptete Vertrag ist jedoch im Rahmen des Gesprächsinhaltes zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Der konkrete Vertragsinhalt bleibt unklar. Ein unbedingter Rechtsbindungswille seitens der Beklagten ist darüber hinaus nicht erkennbar. Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind, insbesondere zwischen den Parteien nicht erörtert worden. Der Vergleich der vorgelegten Rechnungen gemäß Anlage K3 mit dem Gesprächsinhalt belegt nicht, dass mündlich eine Einigung über den Abschluss eines solchen Vertrages mit dem genannten Inhalt zwischen den Parteien zu Stande gekommen ist. Entsprechende Erklärungen sind von dem Mitarbeiter XXX nicht abgegeben worden. Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind insoweit im Telefonat nicht erörtert worden und waren nicht erkennbar Gesprächsinhalt.

Kein Vertragsabschluss ohne Vertretungsmacht

Des Weiteren ging das AG Leipzig davon aus, dass ein Vertragsabschluss mangels Vertretungsmacht des angerufenen Mitarbeiters nicht in Betracht kommt. Die Firmenauskunft P.U.R. GmbH fragte zwar in dem Telefonat nach, welche Position der Gesprächspartner habe und ob er berechtigt sei, den Auftrag abzugeben. Das änderte jedoch nichts daran, dass der Mitarbeiter im konkreten Fall mangels Geschäftsführerstellung nicht berechtigt war, neue Verträge für die GmbH abzuschließen. Aus den Entscheidungsgründen:

“Darüber hinaus ist nicht erkennbar, inwiefern der Mitarbeiter XXX der Beklagten bevollmächtigt gewesen sei, Verträge im Namen der Beklagten abzuschließen. Dies ist von der Beklagten bestritten worden. Die Klägerin bezieht sich dabei lediglich auf den Gesprächsinhalt, bei welchem Herr XXX dies bestätigt habe. Ein Beweis für das Vorliegen der entsprechenden Vollmacht ergibt sich hieraus jedoch nicht. Die Voraussetzungen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht sind nicht erkennbar. In einem einmaligen und erstmaligen Telefonat die mündliche Erklärung abgegeben zu haben entsprechend bevollmächtigt zu sein, erfüllt nicht die Voraussetzung für das vorliegen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht.”

Leistungen konnten nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden

Das AG Leipzig sah es auch nicht als erwiesen an, dass die Firmenauskunft P.U.R. GmbH die angeblich vereinbarten Leistungen überhaupt erbracht habe:

“Darüber hinaus ist von der Klägerin die ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht nachgewiesen worden. Dies durch die Beklagte bestritten worden.

Die vorgelegte Anlage K2 hat insofern keinen Beweiswert. Die weiter vorgelegte Anlage K7 ist inhaltlich unzutreffend und weist nicht die Leistungserbringung nach. Bei Recherche zur Anlage K7 war, wie auch die Beklagte vorträgt, im Internet die Beklagte wie in der Anlage aufgeführt, nicht auffindbar. Dass die Beklagte auf der Seite der Klägerin, wie in Anlage K7 erkennbar, verzeichnet sein soll war somit nicht festzustellen. Zu der Behauptung war auch nicht der benannte Zeuge zu hören. Hierbei handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Weiterer Sachvortrag der Klägerin hierzu fehlt völlig. Inwiefern der Zeuge Kenntnisse über die nachzuweisenden Tatsachen hat ist nicht erkennbar. Weitere Angaben zur Person des Zeugen sind ebenso nicht vorhanden, so dass nicht nachvollziehbar ist, inwiefern der Zeuge Angaben zum Sachverhalt machen kann. Unter diesen Bedingungen war eine Beweisaufnahme nicht durchzuführen. Auch die Anlage K9 ist inhaltlich unrichtig. Bei Eingabe des Suchbegriffes “Firmenauskunft” auf der Internetsuchmaschine Google ist die Seite der Klägerin nicht auffindbar und insbesondere nicht auf der ersten Trefferseite festzustellen. Vielmehr war feststellbar, dass lediglich auf einer Mehrzahl verschiedener Internetseiten von Anwälten die Klägerin genannt war unter Hinweis auf zweifelhafte Geschäftspraktiken. Die Klägerin selbst war jedoch nicht verzeichnet.”

AG Leipzig hält Vertrag für sittenwidrig

Doch damit nicht genug. Das Gericht positionierte sich auch zu der Frage, ob der Vertrag angesichts des verlangten Preises sittenwidrig ist. Dies wurde im Ergebnis vom AG Leipzig bejaht:

“Letztlich war auch davon auszugehen, dass selbst bei wirksamen Vertragsabschluss der Vertrag gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist, nachdem ein auffälliges Missverhältnis der angebotenen Leistung der Klägerin zur Vergütung festzustellen ist. Die behauptete Leistung hat keinen finanziellen messbaren Wert. Für die nicht feststellbare Leistung der Klägerin wird eine Vergütung von circa 1.500,00 € jährlich beansprucht. Auch die subjektiven Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Im Einklang mit der Entscheidung des Landgerichts Wuppertal (vgl. LG Wuppertal, Beschluss vom 05.06.2014, Az. 9 S 40/14).

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.”

Gegen die Entscheidung kann die Firmenauskunft P.U.R. GmbH noch Berufung einlegen.

(AG Leipzig, Urteil vom 24.07.2024, Az. 102 C 6088/23)