ETI experts GmbH fordert italienische Bußgelder ein

Welche Forderungen macht die ETI experts GmbH geltend?

Die ETI Experts GmbH, ein Inkassounternehmen aus Köln, macht unter anderem Forderungen wegen Verkehrsverstößen in Italien geltend. Ein Mandant erhielt z.B. das folgende (hier anonymisierte) Schreiben:

Demnach soll mein Mandant im Mai 2016 in Italien einen geringfügigen Geschwindigkeitsverstoß begangen haben. Er war hierüber insofern überrascht, weil er nach seinen Angaben zuvor niemals einen Anhörungsbogen oder Ähnliches erhalten habe. Mein Mandant erfuhr erst durch das vorliegende Inkassoschreiben – also mehr als drei Jahre später – von dem angeblichen Verkehrsverstoß.

Nach Angaben der ETI experts GmbH wurde diese von der Nivi Credit S.r.l. als Dienstleister der lokalen Stadtpolizei mit der Durchsetzung der Forderung beauftragt.

Darf die ETI experts GmbH Verwarnungsgelder / Bußgelder italienischer Behörden eintreiben?

Zwar ist die ETI experts GmbH als zugelassenes Inkassodienstleistungsunternehmen grundsätzlich auch befugt, Geldforderungen ausländischer Behörden geltend zu machen.

Davon zu trennen ist jedoch die Frage, ob solche Forderungen von dem Inkassounternehmen überhaupt über den deutschen Rechtsweg durchgesetzt werden können.

Inkassounternehmen verfügen über keinerlei Sonderrechte und müssen jede Geldforderung (so wie jeder „herkömmliche“ Gläubiger auch) im Rechtsweg geltend machen, wenn der Schuldner nicht freiwillig zahlt. Inkassounternehmen können z.B. nicht ohne weiteres eine Kontopfändung veranlassen, sondern bräuchten hierfür einen rechtskräftigen Titel.

Kann die ETI experts GmbH italienische Verwarnungsgelder / Bußgelder in Deutschland durchsetzen?

Die ETI experts GmbH kann ausländische Bußgelder in Deutschland nicht ohne Weiteres vollstrecken. Um eine Vollstreckung eines ausländischen Bußgelds zu erreichen, muss das Bundesamt für Justiz (BfJ) eingeschaltet werden. Wird das BfJ eingeschaltet, überprüft es den ausländischen Bußgeldbescheid auf dessen formale Zulässigkeit. Der Adressat bekommt hierbei Gelegenheit zur Stellungnahme. In diesem Verfahren können dann auch Einwände vorgebracht werden.

Erfolgversprechend sind dabei vor allem die Fälle der Halterhaftung. In Italien wird zum Beispiel der Halter auch bei Geschwindigkeitsübertretungen „haftbar“ gemacht. In Deutschland gibt es allerdings eine solche Halterhaftung für Geschwindigkeitsverstöße nicht. Wenn also die italienische Polizei nicht beweisen kann, wer gefahren ist, hat eine Verteidigung Aussicht auf Erfolg.

Entscheidung des EuGH zur Halterhaftung (Update vom 13.12.2019)

Zwischenzeitlich hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C‑671/18 entschieden, dass die Halterhaftung unter bestimmten Umständen einer Vollstreckung nicht entgegensteht. Eine Verteidigung gegen italienische Bußgeldforderungen ist dadurch aber nicht komplett aussichtslos. Zum Beispiel müssen auch bei der Halterhaftung bestimmte Zustellfristen eingehalten werden. So muss gemäß Art. 201 der italienischen Straßenverkehrsordnung (Nuovo codice della strada) bei Personen mit Wohnsitz im Ausland die Zustellung innerhalb von 360 Tagen ab der Feststellung erfolgen.

Bislang keine Post vom BfJ (Update vom 14.01.2023)

Zeit für ein kurzes Resümee: Ich kann hier natürlich nur für die Fälle meiner Mandanten sprechen. Dies sind jedoch Stand heute weit über 150, daher lassen sich doch einige Rückschlüsse ziehen: Gegen keinen meiner Mandanten ist die ETI Experts GmbH gerichtlich vorgegangen, in keinem mir bekannten Fall wurde das Bundesamt für Justiz eingeschaltet.

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